Schweinekeulen-Diplomatie gefragt

Venezuela erhielt keine Lieferungen aus Portugal / Lissabon weist Sabotagevorwürfe zurück

  • Ralf Streck
  • Lesedauer: 3 Min.

Venezuelas Präsident Nicolás Maduro hat in seiner Fernsehansprache zum Jahreswechsel einen neuen Feind ausgemacht: »Ein Land konkret sabotiert uns: Portugal«, sagte er. Auslöser waren Proteste und Straßenblockaden von Bewohnern, bei denen die Regierung aufgefordert wurde, ihr Versprechen zu halten, Schweinekeulen zu liefern. Der Hintergrund, dass ohne dieses Fleisch Weihnachten in Venezuela nur schwer vorstellbar ist. Die Regierung hatte versprochen, über die lokalen Komitees im Rahmen der Lebensmittelhilfe an sechs Millionen Familien das Fleisch zu verteilen.

»Wir haben alle Schweinekeulen in Venezuela angekauft, doch wir mussten zusätzlich importieren, um das Angebot zu ergänzen, und der Ankauf wurde sabotiert«, erklärte der Präsident. Die portugiesische Regierung sei dafür verantwortlich. »Riesige Schiffe«, die das Fleisch liefern sollten und auch Bankkonten seien sabotiert worden, blieb Maduro aber schwammig und drohte, »Rechnungen« begleichen zu wollen.

Lissabon wies die Anschuldigungen schnell zurück. »Die portugiesische Regierung hat mit Sicherheit nicht die Macht, die Fleischlieferungen zu sabotieren«, sagte Außenminister Augusto Santos Silva. Das Land sei eine Marktwirtschaft und man mische sich in deren Geschäfte nicht ein, erklärte der Politiker der Sozialistischen Partei. »Nur die Unternehmen sind für den Export verantwortlich.«

Auch Maduros Behauptung, »europäische Sanktionen gegen Venezuela« seien für den mitverantwortlich, dass bereits beladene Schiffe nicht auslaufen konnten, hat sich als falsch erweisen. Die portugiesische Firma Raporal, die im Vorjahr Schweinekeulen nach Venezuela geliefert hatte, erklärte, dass sie keine Bestellung bearbeitet habe. Der Grund: Venezuela sei seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachgekommen und schulde portugiesischen Firmen noch 40 Millionen Euro für frühere Lieferungen.

Raporal zufolge hat Venezuela im vergangenen Jahr 14 000 Tonnen Schweinefleisch bei portugiesischen Firmen im Wert von 63,5 Millionen Euro bestellt. Bezahlt worden seien aber nur 23,5 Millionen. Gegenüber Raporal selbst habe Venezuela noch Schulden in Höhe von 6,9 Millionen Euro. Die Firma hatte sich deshalb beim Botschafter Venezuelas beschwert und die Zusage erhalten, bis März 2018 bezahlt zu werden.

Mittlerweile hat die Maduro-Regierung ihre Vorwürfe angepasst. Nach dem Dementi aus Lissabon behauptet Landwirtschaftsminister Freddy Bernal nun, Schweinekeulen würden an der Grenze zu Kolumbien »festgehalten«. Tatsächlich stocken die Lieferungen aus dem Nachbarland. Hierbei geht es aber nur um 1500 Tonnen Schweinefleisch oder gut zehn Prozent der Menge, die im Vorjahr aus Portugal kam. Diese hätten kaum ausgereicht, um den Familien ihr Weihnachtsessen zu garantieren. Mit den Lieferungen der ersten 50 Tonnen wurde erst kurz vor dem Jahreswechsel begonnen, da die kolumbianischen Behörden das Fleisch einer strikten gesundheitlichen Untersuchung unterzogen.

Maduro hat beim Versuch, von Misswirtschaft in seiner Heimat abzulenken, die portugiesische Linksregierung und die dortige Öffentlichkeit gegen sich aufgebracht. In dem kleinen südwesteuropäischen Land fragen sich viele, warum sich das flächenmäßig zehn Mal so große Venezuela, das nur drei Mal so viele Einwohner wie Portugal hat, sich nicht selbst mit Schweinefleisch versorgen kann?

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