Flüchtlingsgewalt - ein kompliziertes Bild

Studie liefert differenzierte Analyse zur Kriminalität von Geflüchteten / Forscher geben Empfehlungen

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Berlin. Mangelnde Zukunftsperspektiven erhöhen offenbar die Gewaltbereitschaft unter Flüchtlingen. Das geht aus einer am Mittwoch veröffentlichten Untersuchung von Forschern um den Kriminologen Christian Pfeiffer hervor. Demnach hat in Niedersachsen der Zuzug von Flüchtlingen zu einem Anstieg der Gewalttaten geführt.

Das Gutachten liefert aber differenzierte Erklärungen: So zeigten die Tätermuster, dass insbesondere diejenigen ohne Bleibeperspektive besonders häufig in der Liste Verdächtiger auftauchten. Zudem sind junge Männer der Studie zufolge besonders häufig straffällig. Die Forscher leiten daraus Forderungen für die Rückkehrpolitik ab - und sprechen sich für den Familiennachzug auch zur Prävention von Straftaten aus.

Das Gutachten von Pfeiffer und Sören Kliem vom Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen sowie Dirk Baier von der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften wurde im Auftrag des Bundesfamilienministeriums erstellt. Der zentrale Befund ist zunächst, dass von Flüchtlingen begangene Gewalttaten einen wesentlichen Anteil am Anstieg in diesem Bereich haben.

Zwischen 2007 und 2014 gingen polizeilich registrierte Gewalttaten zurück. Dann wurde wieder ein Anstieg verzeichnet - in Niedersachsen rund zehn Prozent für die Jahre 2014 und 2015. Gut 13 Prozent der aufgeklärten Fälle sind der Studie zufolge Flüchtlingen zuzurechnen. Für den Anstieg der Gewalttaten sind sie damit zu 92 Prozent verantwortlich.

Perspektivlosigkeit ziehen die Forscher als Erklärung für Straffälligkeit heran, auch gepaart mit »gewaltlegitimierenden Männlichkeitsnormen«, die Männer aus muslimisch geprägten Ländern mitbrächten. In der Tatsache, dass viele Flüchtlinge junge Männer sind, liege ebenfalls ein Grund für höhere Kriminalitätsquoten.

Pfeiffer und seine Kollegen sehen ein Problem darin, dass bei alleinreisenden Männern weibliche Bezugspersonen fehlen. »Die Forderung nach einem Familiennachzug findet hier ihre kriminologische Begründung.«

Die Autoren des Gutachtens fordern ein Einwanderungsgesetz mit der Möglichkeit, sich als Flüchtling bei bestimmten Voraussetzungen einbürgern zu lassen, und zusätzliche Anstrengungen bei der freiwilligen Rückkehr.

Pfeiffer und seine Kollegen schlagen neben der Geldzahlung, die abgelehnte Asylbewerber bei freiwilliger Ausreise bereits erhalten, Mikrokredite für das Leben im Heimatland vor. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) forderte, sowohl die Bemühungen um eine Rückführung nordafrikanischer Flüchtlinge als auch die Anstrengungen zur Integration zu verstärken.

Die Forscher betonen indes auch mögliche statistische Verzerrungen. Sie gehen davon aus, dass Gewaltdelikte von Flüchtlingen häufiger angezeigt werden, weil die Bereitschaft dazu etwa doppelt so hoch ist, wenn Täter und Opfer sich vorher nicht kannten oder verschiedenen ethnischen Gruppen angehören. Agenturen/nd Seite 5

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