Kripo-Ausweis gleich auf die Hand

Bremens Polizei senkt die Standards für Einsteiger

  • A. Cäcilie Bachmann
  • Lesedauer: 3 Min.

Mit seinen gut 550 000 Einwohnern belegt Bremen den elften Platz unter den deutschen Städten. Geht es um Gewaltkriminalität, hat die Hansestadt Platz drei unter den deutschen Großstädten inne. Diese Diskrepanz und die Analysen der Bundestagswahl brachten die Erkenntnis, dass Sicherheit ein ganz großes Thema für die Bevölkerung Bremens ist. Das wurde inzwischen auch in der rot-grünen Regierungskoalition verstanden.

Seit Jahren hatte man bei allen möglichen Gelegenheiten mit unerschütterlicher Selbstherrlichkeit das Leere-Kassen-Argument angeführt. Im festen Vertrauen, es müsse dem Volk nur der Sparzwang erklärt werden, dann werde es einsichtig. Jetzt, da es auf den nächsten Landtagswahlkampf zugeht und am Horizont Bundesmillionen winken, wird das Sorgen-Thema Sicherheit in den Vordergrund gerückt. Und die Koalition nimmt Kenntnis von ihrem SPD-Innensenator, der schon lange deutlich mehr Personal bei den Sicherheitskräften fordert.

Drastische Sparrunden und demografische Gründe haben zu großen Lücken bei der Bremer Polizei geführt, besonders bei der Kripo. Zwar wird die Zahl der Polizeianwärter erhöht, doch gibt es für sie leider keine angemessene Unterbringung, weshalb sie in Baracken schlafen müssen.

Der Weg der Anwärter zum Kriminalpolizisten ist lang - für die schwierige Bremer Situation viel zu lang. Deshalb greift die rot-grüne Koalition nun zu einem für sie bewährten Mittel aus der Zeit der knappen Kassen. Was nicht passt, wird passend gemacht, will sagen: Es werden die Standards gesenkt.

Mit einem bundesweit veröffentlichten Inserat sucht die Bremer Kriminalpolizei Quereinsteiger, die sich nicht auf den mühsamen und langen Weg vom Anwärter über die Bereitschaftspolizei hin zur Ausbildung zum Kommissar begeben müssen. Es werden 20 Männer und Frauen gesucht, die irgendein Studium abgeschlossen und dann mindestens drei Jahre Berufserfahrung gesammelt haben oder ehemalige Militärangehörige sind. Sie sollten keine gerichtliche Verurteilung oder laufende Strafverfahren haben und die Staatsbürgerschaft eines EU-Staates oder eines Staates des Europäischen Wirtschaftsraumes. Dazu noch einen Führerschein Klasse B und körperliche Fitness.

Bemerkenswert: Die Ausgewählten werden bereits ab ihrem ersten Arbeitstag Kommissare mit Kripo-Ausweis und im aktiven Dienst sein. Geschult werden sie neben ihrer alltäglichen Arbeit.

Um genügend taugliche Interessenten zu finden - immerhin läuft die Bewerbungsfrist bereits am 3. Februar ab - rühren die polizeilichen Öffentlichkeitsarbeiter kräftig die Werbetrommel. Was im Internetauftritt zu Irritationen führt, denn die gesuchten 20 Besten werden mit zwei Jahren auch nur eine stark gekürzte »Ausbildungszeit« zu absolvieren haben. Während die Kommissaranwärter, die womöglich am Nachbarschreibtisch sitzen und den regulären Weg zum Kommissar gehen, deutlich länger brauchen.

Im Übrigen ist die Quereinsteiger-Werbung auf der Internetseite der Bremer Polizei kurz und bündig. Ohne große Umschweife, wie etwa ganze Sätze. Es findet sich dort aber auch ein Bericht eines zufriedenen Kriminalkommissars, der erst die dreijährige Ausbildung durchlief, danach zwei Jahre bei der Bereitschaftspolizei war, um dann eine Zusatzausbildung zum polizeilichen Ermittler zu absolvieren. Nach weiteren zwei Jahren wurde er Sachbearbeiter im Kriminaldauerdienst.

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