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Münchens OB warnt Söder vor Wortbruch

Streit um dritte Startbahn wird Thema im Wahlkampf

  • Lesedauer: 3 Min.

München. Das Milliardenprojekt einer dritten Startbahn für Münchens Flughafen liegt seit Jahren auf Eis. Mit Blick auf die bayerische Landtagswahl im Oktober wird die CSU deshalb zunehmend ungeduldiger. Doch ungeachtet steigender Flug-Zahlen sieht Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) weiterhin keine Mehrheit in der Münchner Bevölkerung für das Projekt. »Derzeit habe ich nicht das Gefühl, dass die Menschen in München überwiegend für eine dritte Startbahn sind«, sagte Reiter der dpa. Er will mit dem Freistaat und dem Bund nun offen über das weitere Vorgehen sprechen - und warnt Bayerns Regierung vor Wortbruch.

»Die Zahlen steigen zwar nicht so, wie vom Flughafen prognostiziert, aber es ist immer noch ein nennenswertes Wachstum«, sagte Reiter. Wohl im April werde sich der Aufsichtsrat mit den Zahlen und einer Prognose für 2018 befassen. »Die Zahl der Starts und Landungen ist über vier Jahre konstant gestiegen. Ob das reicht, über einen neuen Bürgerentscheid nachzudenken, werde ich mit den beiden anderen Gesellschaftern besprechen.« Entscheiden müsste das der Stadtrat.

2012 hatten die Münchner eine dritte Startbahn abgelehnt, seither liegt das Milliardenprojekt auf Eis. Denn die Stadt ist neben dem Bund und Bayern einer der drei Flughafen-Gesellschafter, ohne ihre Zustimmung kann die Bahn nicht gebaut werden. Und Reiter hält daran fest, dass er ohne einen neuen Bürgerentscheid nicht von seinem Veto abrücken will. Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) hatte zuletzt allerdings eine Entscheidung über das weitere Vorgehen noch vor der Landtagswahl in Aussicht gestellt. Die CSU will die Startbahn unbedingt, desgleichen Seehofers designierter Nachfolger Markus Söder, der als Finanzminister dem Flughafen-Aufsichtsrat vorsitzt.

Reiter warnte die Staatsregierung nun davor, das Veto Münchens zu umgehen, indem die Flughafen-Gesellschaft in eine AG umgewandelt wird. Dann könnte München das Projekt nicht mehr verhindern. Seehofer hatte dies zuletzt - anders als früher - nicht mehr ausgeschlossen.

»Ich glaube, dass es politisch bedenklich wäre, diese AG-Lösung durchzusetzen, wenn man, wie Herr Seehofer und Herr Söder, mehrfach öffentlich versichert hat, dass es nur zusammen mit den Bürgerinnen und Bürgern geht«, so Reiter. »Es würde ein großes Stück Glaubwürdigkeit zerstören, wenn sich der Ministerpräsident und der Aufsichtsratsvorsitzende plötzlich entgegen ihrer Beteuerungen verhalten würden.« Er könne sich das deshalb nicht vorstellen.

Reiter selbst will sich in keiner Weise festlegen. »Ich werde in der Diskussion immer Pro und Contra nennen«, sagte er. »Denn: In meiner Brust schlagen zwei Herzen: Aus Unternehmenssicht, und ich bin ja im Aufsichtsrat, kann ich gut nachvollziehen, dass der Flughafen weiter wachsen will. Als Münchner Oberbürgermeister sage ich aber, dass das nicht unbedingt der Wunsch der Münchner Bürger ist.«

Gerade in München sähen die Menschen Wachstum »nicht mehr als ein unumschränkt erstrebenswertes Generalziel an«, sagte der OB. Die Menschen hier hätten andere Sorgen: Wohnen, Mieten, Verkehr. »Deshalb glaube ich, dass ein Bürgerentscheid für eine dritte Startbahn derzeit schwer zu gewinnen sein dürfte.« dpa/nd

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