Junge darf nicht Mädchen sein

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Inwieweit ein Elternteil wegen solch eines Streits aber die alleinige Sorge für das Kind beanspruchen kann, hängt maßgeblich davon ab, ob mit dem Verbot, ein »Mädchen« zu sein, das Kindeswohl gefährdet wird, urteilte das Bundesverfassungsgericht (Az. 1 BvR 1914/17).

Die getrennt lebenden, gemeinsam sorgeberechtigten Eltern hatten sich die Erziehung des 2008 geborenen Kindes nach dem sogenannten Wechselmodell (mal beim Vater, mal bei der Mutter) geteilt. Ab dem sechsten Lebensjahr äußerte der Junge den Wunsch, lieber ein Mädchen sein zu wollen. Während ihm der Vater Mädchenkleidung untersagte, ging die Mutter auf den Wunsch ein und kommunizierte dies auch in der Schule. Der Vater fürchtete Hänseleien für das Kind.

Wegen des Erziehungsstreits beantragten beide Eltern jeweils für sich das alleinige Sorgerecht. Nachdem psychologische Gutachten über das mittlerweile achtjährige Kind eingeholt wurden, stand der Verdacht einer Geschlechtsidentitätsstörung im Raum.

Die Mutter meinte, dass auf den Wunsch des Jungen, ein Mädchen sein zu wollen, Rücksicht genommen werden müsse. Der Vater warf seiner Ex-Partnerin vor, das Kind in seinem Wunsch zu fördern.

Das Oberlandesgericht (OLG) Naumburg sprach dem Vater das alleinige Sorgerecht zu. Damit wurde aber das Elternrecht der Mutter verletzt, so das Bundesverfassungsgericht. Das OLG habe nicht berücksichtigt, welche Auswirkungen es habe, wenn das Kind gegen seinen Willen vom Vater gezwungen werde, nur noch als Junge in der Öffentlichkeit aufzutreten. Dabei habe ein gerichtlicher Gutachter »weitreichende negative Folgen« einer solchen Anweisung befürchtet. Eine Kindeswohlgefährdung sei damit möglich. epd/nd

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