• Berlin
  • Aktionsprogramm für Geburtshilfe

Hebammen arbeiten am Limit

Runder Tisch beschließt Aktionsprogramm für Geburtshilfe

  • Marie Frank
  • Lesedauer: 3 Min.

Eine Geburt ist eine nervenaufreibende Angelegenheit. Setzen erst mal die Wehen ein, muss alles schnell gehen. Umso schlimmer, wenn man dann von den Krankenhäusern aufgrund fehlender Kapazitäten abgewiesen wird. Da dies in Berlin wegen des anhaltenden Babybooms immer wieder passiert, hat Gesundheitssenatorin Dilek Kolat (SPD) im vergangenen Jahr den Runden Tisch Geburtshilfe ins Leben gerufen. Am Donnerstag verabschiedeten die mehr als 50 VertreterInnen von Eltern, Geburtskliniken, Hebammen, Krankenkassen, Ausbildungsstätten, ÄrztInnen und Verwaltung das Aktionsprogramm »Für eine gute und sichere Geburt in Berlin« mit insgesamt zehn Maßnahmen, die am Freitag vorgestellt wurden.

41 500 Babys wurden 2017 in den 19 Berliner Geburtskliniken zur Welt gebracht. Nicht immer verlief dabei alles reibungslos. Die größten Probleme waren dabei ein Mangel an Hebammen sowie räumliche Engpässe. Um diese zu beheben, sollen die derzeit rund 200 Ausbildungsplätze bis zum Jahr 2020 um 130 Plätze erweitert werden. »Das ist für die Zukunft das Entscheidendste, dass wir mehr Hebammen ausbilden«, ist Kolat überzeugt. Zusätzlich sollen die Arbeitsbedingungen verbessert werden, um Anreize zu schaffen, dass mehr Hebammen von Teilzeit in Vollzeit wechseln. »Wir gehen davon aus, dass, wenn die Arbeitsbedingungen besser werden, auch wieder mehr Kolleginnen ihren Weg in den Kreißsaal finden«, so Michael Abou-Dakn, Chefarzt der Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe am St. Joseph Krankenhaus. Derzeit sind in Berlin 25 von gut 300 Stellen unbesetzt. Um das zu ändern, wollen die Krankenhäuser nach Wegen suchen, wie sie Beleghebammen bei der Haftpflichtversicherung entlasten können. Freiberufliche Hebammen kritisieren seit Jahren, dass sie sich durch die immens hohen Beiträge in ihrer beruflichen Existenz bedroht sehen. Aktuell liegt der jährliche Beitrag bei über 6800 Euro. Darüber hinaus will sich der Senat auf Bundesebene für Personaluntergrenzen bei Hebammen auf Geburtsstationen einsetzen. »Man braucht in der Geburtshilfe Geduld und Zeit, und das ist eben personalintensiv«, erklärt Chefarzt Michael Abou-Dakn.

Um die räumlichen Engpässe in den Krankenhäusern zu beseitigen, stellt das Land Berlin 20 Millionen Euro für den Ausbau von Kreißsälen zur Verfügung. Wie viel mehr Geburten dadurch möglich sind, lasse sich zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht beziffern, so Abou-Dakn. Auch könne es nach dem Ausbau noch vorkommen, dass nicht jede Frau in ihrer Wunschklinik entbinden kann.

Weiterhin geplant sind unter anderem eine Online-Plattform zur Vermittlung von Hebammen, eine dauerhafte Aufstockung der Bettenkapazitäten sowie eine einfachere Anerkennung ausländischer Hebammen. Zudem soll die Akademisierung vorangetrieben werden. Nach EU-Vorgaben ist die Hebammenausbildung bis 2020 zu einer akademischen Ausbildung weiterzuentwickeln.

Ende des Jahres will sich der Runde Tisch erneut treffen, um die Umsetzung der beschlossenen Maßnahmen zu überprüfen. »Einiges haben wir schon umgesetzt, aber hier steckt noch viel Arbeit drin«, so Kolat. Schon jetzt seien 900 Geburten mehr möglich als im vergangenen Jahr.

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