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Berlin: Mit dem Imkerhut gegen Kürzungswut
Über 1000 Menschen wollen weitere Kürzungen im Sozialen verhindern
Eine Gruppe von Grundschulkindern mit gelben Imkerhüten auf dem Kopf steht vor dem Roten Rathaus. Sie halten selbstgemalte Schilder hoch. »Unsere Sozialarbeiter*innen sind unkürzbar«, steht auf einem davon, »Rettet unser Bienenprojekt« auf einem anderen. Die Kinder befürchten, dass im Bildungshaushalt 2026/2027 kein Geld mehr für ihre Projekte vorgesehen sein wird. Deshalb stehen sie mit etwa 1500 weiteren Menschen vor dem Rathaus. Am Montag demonstrierten zahlreiche Träger und Nutzer*innen von sozialen und Bildungsprojekten gegen weitere Kürzungen im Haushalt 2026/2027. Aufgerufen hatte der Paritätische Wohlfahrtsverband.
»Das hier ist die Willkommensklasse an der Sternberg-Grundschule«, sagt Natur-Werk-Pädagoge Arezki Keddam zu »nd«. Er arbeitet mit den Kindern zum Beispiel im Bienenprojekt der Schule und hat Angst, dass es wegfällt und Kolleg*innen von ihm in der Natur- und Werkpädagogik ihre Jobs verlieren. Denn Träger ist die Stiftung Pestalozzi-Fröbel-Haus. Auf der Kundgebung vor dem Roten Rathaus sind einige weitere Grundschulklassen präsent, die um ihre Projekte kämpfen.
Von Externen getragene Projekte an Schulen bangen um ihre Existenz, seit Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) gesagt hatte, in einem Entwurf für ihren Etat in den Jahren 2026/2027 seien keine Zuwendungen dafür vorgesehen. Später beschwichtigten sie und Finanzsenator Stefan Evers (CDU), man müsse zunächst den fertigen Haushaltsentwurf abwarten. Einen solchen will der Senat in einer Woche beschließen, die Abgeordneten können dann nach der Sommerpause in die Diskussion einsteigen.
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Für die Kinder und Jugend in Berlin steht einiges auf dem Spiel. Nua Ursprung von der Berliner Initiative gegen Gewalt an Frauen berichtet auf der Bühne vor dem Roten Rathaus vom Präventionsprojekt ihres Vereins, das schon in diesem Jahr von der Senatsbildungsverwaltung abgesägt wurde – für 2025 hatte dann die Innenverwaltung die Finanzierung übernommen. »Damit es gar nicht erst zu Gewalt kommt, bringen wir Grundschulkindern bei, dass sie ein Recht auf Hilfe haben und kein Recht darauf, das Leben anderer zu kontrollieren«, sagt Ursprung.
Ursprung kritisiert die Bildungsverwaltung dafür, die Zuwendungen für Externe an Schulen einzusparen. Denn es gebe den Kindern Sicherheit, sich Menschen anvertrauen zu können, die sie nicht täglich in der Schule sehen. »Wir sind für viele Kinder die erste sichere Anlaufstelle«, sagt sie. Und auch Lehrkräfte meldeten dem Verein zurück, dass sie auf die externe Präventionsarbeit angewiesen sind. »Wer heute spart, zahlt morgen drauf.«
Gespart wird auch an den Hilfen zur Erziehung. Betroffen davon sind zum Beispiel die »Sprungbrett-Projekte«: Pädagog*innen von unterschiedlichen Trägervereinen unterstützen Kinder in geflüchteten Familien unter anderem dabei, sich auf Schule oder Kita vorzubereiten. »Ende Juli werden neun von zwölf Projekten eingestellt«, sagt Elaf Alrubai vom Verein Wendepunkt. Sie arbeitet in einer Geflüchtetenunterkunft in der Turmstraße. In vielen Unterkünften sei das Projekt die einzige Anlaufstelle für die Familien. »Die Kinder brauchen wirklich Unterstützung«, sagt Alrubai zu »nd«.
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