Vor Ort bei aufmüpfigen Gebirglern

Sachsens Regierungschef trifft Bürgermeister, die gegen Sparkurs des Landes protestieren

  • Claudia Drescher, Annaberg-Buchholz
  • Lesedauer: 3 Min.

Der neue sächsische Regierungschef Michael Kretschmer (CDU) stellt sich am Montag im Erzgebirge der Basis. Zum Auftakt seiner geplanten Vor-Ort-Besuche in Sachsens Landkreisen kommt er am Vormittag mit Bürgermeistern aus dem Erzgebirgskreis zusammen. Unter ihnen wird auch Rolf Schmidt (Freie Wählergemeinschaft »Wir für unsere Stadt«) sein, der Oberbürgermeister von Annaberg-Buchholz.

Gemeinsam mit 20 weiteren Gemeindechefs hatte Schmidt im November ein Positionspapier veröffentlicht, das besonders die Sparpolitik im ländlichen Raum kritisiert. Ihr »Weckruf« für die CDU/SPD-Landesregierung habe den Kommunalpolitikern, von denen keiner den etablierten Parteien angehöre, sachsenweit viel Zuspruch gebracht, sagte Schmidt der dpa. Darin forderten die Kommunen unter anderem ein Ende des »Fördermittelwahns«, so Schmidt. Demnach gibt es im Freistaat aktuell mehr als 200 verschiedene Förderprogramme.

Sachsens Ministerpräsident scheint den ländlichen Raum nun zur Chefsache machen zu wollen. Bis 2020 sollen Städte und Gemeinden zusätzlich 90 Millionen Euro für ihre Aufgaben und Investitionen bekommen, versprach Kretschmer in seiner Regierungserklärung am vergangenen Mittwoch. Demnach will Schwarz-Rot bei den Feuerwehren die Mittel verdoppeln und die Förderpolitik neu ausrichten - mit »weniger Bürokratie und weniger Formularen«. Das alles sind zentrale Forderungen aus dem Positionspapier der Bürgermeister.

Gleich nach dessen Veröffentlichung habe es ein erstes Telefonat mit dem damals noch designierten Regierungschef Kretschmer gegeben, bestätigt Schmidt. Dass sich Kretschmer für den Auftakt seiner Vor-Ort-Besuche nun ausgerechnet das Erzgebirge herausgesucht hat, will er nicht kommentieren. Nur so viel: »Zumindest scheint mit ihm mehr Kommunikation möglich zu sein als mit seinem Vorgänger.«

Auch für Thomas Kunzmann, Verwaltungschef der Gemeinde Lauter-Bernsbach, hat der Dialog mit Dresden oberste Priorität. Die ersten Gespräche mit den Landespolitikern seien konstruktiv gewesen. Allerdings müsse man nun Gas geben, um zeitnah Änderungen herbeizuführen, so der parteilose Bürgermeister. Der Januar sei bereits verstrichen. So sei beispielsweise beim Thema Straßenbau für das laufende Jahr noch vieles offen. »Darunter sind Investitionen, die wir seit Jahren vor uns herschieben - das sorgt für Frust.« Vor allem, weil von den üppigen Steuereinnahmen der vergangenen Jahre nicht viel in der Fläche angekommen sei.

Nach Angaben von Regierungssprecher Ralph Schreiber soll der ländliche Raum einen Schwerpunkt in der Arbeit der neuen Staatsregierung bilden. So habe es bereits vor dem Treffen am Montag mehrere Gespräche mit Bürgermeistern und Landräten zum Positionspapier gegeben. Zudem habe sich das Kabinett dazu Mitte Januar mit den kommunalen Spitzenverbänden verständigt.

Nach Angaben der Staatskanzlei besucht Kretschmer am Montag nach seinem Gespräch mit den Bürgermeistern einen Verein, der Jugendliche bei der Ausbildung unterstützt. Außerdem ist die Besichtigung eines mittelständischen Stahlbauers in Geyer sowie des Kreiskrankenhauses Stollberg geplant. Am Abend hat der Ministerpräsident zum ersten »Sachsengespräch« nach Aue geladen - ein Gedankenaustausch mit Bürgern, an dem neben Kretschmer sechs Minister teilnehmen werden, darunter auch sein Stellvertreter Martin Dulig (SPD). dpa/nd

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