Auf Konfrontationskurs

Ryanair-Beschäftigte wollen im Streit um bessere Arbeitsbedingungen nicht nachgeben

  • Rainer Balcerowiak
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Konflikte bei der europaweit agierenden irischen Billigfluglinie Ryanair schwelen weiter. Nachdem Konzernchef Michael O’Leary im Dezember nach jahrelanger Weigerung überraschend angekündigt hatte, die Gewerkschaften als Vertreter der Piloten und der Flugbegleiter anzuerkennen und den Abschluss von Kollektivverträgen zu ermöglichen, gab es Anfang Februar eine radikale Kehrtwende. Sein Unternehmen werde den »lächerlichen Forderungen« der Flugkapitäne nicht nachgeben, erklärte O'Leary Anfang der Woche. Vielmehr sei man bereit, mögliche Beeinträchtigungen durch Streiks hinzunehmen.

Bei der deutschen Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) reagiert man vorerst gelassen auf die Aussagen des Konzernchefs. Man habe dem Unternehmen einen Forderungskatalog zu Vergütung, Arbeitsbedingungen und Vertragsgestaltung zugeschickt und erwarte in der kommenden Woche eine Antwort, erklärte ein VC-Sprecher am Freitag auf nd-Nachfrage. Falls es zu keiner Einigung komme, seien auch Arbeitskampfmaßnahmen nicht ausgeschlossen. Cockpit hatte die Piloten bereits am 22. Dezember zu einem mehrstündigen Warnstreik an den deutschen Flughäfen aufgerufen, der aber außer einigen Verzögerungen wenig Auswirkungen hatte, da Ryanair kurzfristig ausländische Piloten und nicht fest angestellte deutsche Flugzeugführer an die Standorte beordert hatte. Dennoch wertete die Gewerkschaft die Arbeitsniederlegung als Erfolg. Man habe damit gerechnet, dass die Auswirkungen begrenzt sein würden, sagte seinerzeit ein Sprecher. Es sei darum gegangen, dem Unternehmen erstmals zu demonstrieren, dass die Piloten tatsächlich bereit seien, für ihre Arbeitsbedingungen zu kämpfen.

Auch in anderen Ländern geht die Auseinandersetzung weiter. Die spanische Pilotengewerkschaft Sepla kündigte an, die Airline zu verklagen, weil die Verhandlungen laut Gewerkschaft nicht konstruktiv verlaufen, berichtete das Luftfahrtmagazin »aero« am Donnerstag. Dabei geht es vor allem darum, die Verträge der spanischen Ryanair-Piloten nach spanischem Arbeitsrecht zu verfassen - und nicht mehr nach irischem. Ein Rolle spielt dabei auch die Scheinselbstständigkeit vieler Piloten, Die Gewerkschaft fordert für alle Piloten reguläre Arbeitsverträge mit der Airline. Streiks werden derzeit nicht geplant, Sepla bevorzuge den juristischen Weg, berichtet das Magazin weiter.

In Dänemark, wo Ryanair in Kopenhagen einen neuen Standort eröffnen möchte, beharrt die Flugbranchengewerkschaft FPU bereits im Vorfeld darauf, dass die dort eingesetzten Piloten dem dänischen Arbeitsrechts unterliegen. Auf dieser Basis könne man sich dann auch Tarifverhandlungen vorstellen, erklärte FPU-Vizepräsident Anders Mark Jensen nach einem ersten Treffen mit Ryanair-Vertretern am Donnerstag. Doch ohne Akzeptanz der dänischen Rechtsnormen werde man nicht verhandeln, und das habe man »Ryanair auch deutlich gemacht«. Jensen gab sich optimistisch, denn das Unternehmen werde auch »von seinen eigenen Mitarbeitern, die bessere Arbeitsbedingungen wünschen, unter Druck gesetzt« und habe zudem sehr großes Interesse an einer Basis in Kopenhagen. Bereits im Juli 2015 hatte Ryanair seine Basis in Billund aufgrund von Konflikten mit der Gewerkschaft geschlossen.

Unübersichtlich ist nach Auskunft des Cockpit-Sprechers die Lage in Italien. Zwar gab es eine Streikankündigung für den heutigen Sonnabend, doch da es dort verschiedene Luftfahrt- und Pilotengewerkschaften mit unterschiedlicher Strategie gebe, wisse man derzeit nicht, was tatsächlich passieren werde.

Zwar gab es vor einigen Wochen mit britischen und irischen Pilotenvertretern eine erste Einigung über Gehaltserhöhungen von bis zu 20 Prozent, doch in mehreren anderen Ländern könnte sich der Konflikt mit den Gewerkschaften zuspitzen. Streiks rund um die Osterfeiertage sind nicht ausgeschlossen, und das würde den Konzern aufgrund des besonders lukrativen Feriengeschäfts hart treffen.

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