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Das nächste Desaster wird kommen
Lena Tietgen über die Gründe des Lehrermangels
Schon 2008 wies der renommierte Bildungsforscher Klaus Klemm auf den Lehrermangel hin. Auch die Protagonisten der Gemeinschaftsschule wussten, dass hierfür mehr und anders ausgebildete Lehrer gebraucht werden. Für den normalen Menschenverstand ist es nicht erklärbar, dass seit nunmehr knapp zwanzig Jahren, seit Veröffentlichung der ersten PISA-Studie, ein Bildungsmangel konstatiert wird, die Einstellungspraxis aber den wachsenden Anforderungen nicht gerecht wird. Es werden Schulreformen auf den Weg gebracht und nicht an das dafür benötigte Personal gedacht.
Nach wie vor wird der Grundschulbereich - trotz aller politischen Bekundungen - vernachlässigt. Nicht nur das Gehalt von Grundschullehrerinnen und -lehrern ist geringer als das anderer Pädagogen. Auch das pädagogische Profil wird gering geschätzt. Zur Not gehen Lehrer der Sekundarstufe in die Grundschule. Das Vorurteil, dass die Bildung der Kleinsten weniger hohe Anforderungen stellt als die Stoffvermittlung etwa am Gymnasien, hält sich hartnäckig.
Welch ein Hohn. Finnland konnte zur Bildungsnation werden, weil sie viel Aufwand für die Qualifizierung der Lehrer betrieben - gerade in der Elementarstufe. Wir dagegen betrachten Schule als Verschiebebahnhof. Wenn jetzt der Rechtsanspruch auf einen Ganztagsplatz kommt, ahnt man schon das nächste Desaster. Lehrer werden hin- und her geschoben, nun auch aus der Pension geholt. Notdürftig werden die Personallücken mit Quereinsteigern gestopft.
Wäre es nicht so bitter und würde nicht mit den Zukunftschancen der Kinder gespielt, könnte man mit Sarkasmus reagieren und den Politikern erklären, dass ihre Bildungspolitik konzeptionell »subobtimal« ist.
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