Kleinseenplatte will Kurtaxe kassieren

Aber Touristiker im Nordosten befürchten negative Auswirkungen auf Übernachtungszahlen

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 3 Min.

Mit 100 Strandkörben wirbt Deutschlands Nordosten zurzeit auf der Internationalen Tourismus Börse (ITB) in Berlin, der weltgrößten Messe dieser Art, für Urlaubs- und Ferienreisen an die Ostseeküste und ins Binnenland mit seinen vielen Seen. Mecklenburg-Vorpommern ist offizielles Partnerland der ITB, deren Besuch bis Freitag dem Fachpublikum vorbehalten ist. Doch am Samstag und Sonntag öffnet das Messegelände seine Tore für alle Interessierten.

Auf ihre Aufmerksamkeit hoffen Mecklenburg-Vorpommerns Touristiker, die im vergangenen Jahr nahezu 30 Millionen Übernachtungen registrieren konnten. Der Nordosten liege auf der Beliebtheitsskala der Inlandsreiseziele hinter Bayern auf Platz zwei, freute sich Landeswirtschaftsminister Harry Glawe (CDU) dieser Tage auf der ITB. »Wir werben mit den ntürlichen Schönheiten unseres Landes und setzen auf den Ausbau der touristischen Infrastruktur im Land«, so der Ressortchef. Mecklenburg-Vorpommern werde auch in der Vor- und Nachsaison gut nachgefragt. »Hier müssen wir weiter arbeiten«, unterstrich Glawe.

Gearbeitet wird zurzeit im Amt Kleinseenplatte, einer sehr gefragten Urlaubsregion des Nordostens, an einer Neuerung, die sich aus der Sicht von Touristikern ungünstig auf die Übernachtungszahlen auswirken könnte. Die Gemeinden Mirow, Wesenberg, Wustrow und Priepert wollen von Urlaubern künftig Kurtaxe kassieren, einen Euro pro Tag und Gast. Rund 450 000 bis 500 000 Euro könnten dadurch im Jahr in die kommunalen Kassen fließen, schätzt der ehrenamtliche Vorsteher des Amtes Kleinseenplatte, Heiko Kruse. Das Geld, so zitiert ihn der NDR, solle zu hundert Prozent wieder in den Tourismusbereich investiert werden.

Seit Herbst vergangenen Jahres befasst sich ein »Kurabgabe-Beirat« mit der Sache. Vertreter der Kommunen und der Touristik sind im Gremium vertreten, das mittlerweile eine Satzung zur angestrebten Kurtaxe erarbeitet und veröffentlicht hat. Entscheiden werden letztlich die politischen Gremien der vier Gemeinden. Wustrow und Priepert können das allerdings erst tun, wenn sie offiziell als Kur- oder Erholungsort anerkannt worden sind; über einen solchen Status entscheidet das Wirtschaftsministerium des Landes. Läuft alles wie vom Amt Kleinseenplatte angedacht, könnte die Kurabgabe voraussichtlich erstmals 2020 erhoben werden.

Seitens der Touristiker regt sich Protest gegen den Vorstoß des Amtes. Potenzielle Urlauber könnten durch die Abgabe von der Anreise abgeschreckt werden, heißt es. Nicht alle Quartieranbieter und Wirte lehnen die Kurtaxe ab, doch auch aus ihren Reihen wird gemahnt: Ehe man sie kassiert, müsse einiges in der Region verbessert werden. Teilweise marode Radwege gelte es herzurichten, so war zu hören, auch fehle es hier und da an öffentlichen Toiletten. Die Befürworter der Abgabe argumentieren, in anderen Gegenden Mecklenburg-Vorpommerns, wo bereits seit Jahren Kurtaxe verlangt wird, seien die Übernachtungszahlen dennoch stabil geblieben.

Die Reaktionen aus der Öffentlichkeit auf den Kurtaxen-Plan sind unterschiedlich. Manche Leserbriefschreiber äußern Verständnis für die Kommunen, benötigten diese doch das Geld für die Pflege der touristischen Infrastruktur. Andere schimpfen über »Abzocke« und fordern: »Natur muss Gebührenfrei sein. Es kann nicht angehen, dass öffentlicher Raum Eintritt kostet.«

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