Tausende bei Frauenprotest in Istanbul
Prozess gegen Zeitung »Cumhuriyet« forgesetzt
Istanbul. Trotz des Ausnahmezustands in der Türkei sind am internationalen Frauentag in Istanbul mehrere Tausend Menschen für Frauenrechte und gegen männliche Gewalt auf die Straße gegangen. Die Demonstration auf der Einkaufsmeile Istiklal Caddesi am Donnerstagabend war der größte alternative Protestmarsch seit langem im Zentrum der Millionenmetropole. Die Polizei griff nicht ein, wie dpa-Reporter berichteten. Die Demonstration war - anders als die Gay Pride in Istanbul im vergangenen Sommer - nicht verboten worden. In der westtürkischen Metropole Izmir versammelten sich mehrere Hundert Demonstranten zum Weltfrauentag. Dort blockierte die Polizei allerdings einen Protestmarsch, wie eine dpa-Reporterin berichtete. Zu Zusammenstößen kam es aber auch in Izmir nicht. Nach dem Putschversuch im Juli 2016 hatte die AKP-Regierung den Ausnahmezustand verhängt, der bis heute andauert. Im Ausnahmezustand sind Grundrechte wie das Recht auf Versammlungsfreiheit eingeschränkt.
Seit Juli 2016 werden etliche zudem Journalisten verfolgt, so auch von der regierungskritischen Zeitung »Cumhuriyet«. Ungeachtet internationaler Kritik wurde der Prozess gegen Mitarbeiter der »Cumhuriyet« am Freitag fortgesetzt. Das Gericht am Hochsicherheitsgefängnis in Silivri bei Istanbul wollte am Freitag drei Zeugen anhören, wie »Cumhuriyet« berichtete. Insgesamt 18 »Cumhuriyet«-Mitarbeitern wird Unterstützung verschiedener Terrororganisationen vorgeworfen, drei der Angeklagten sitzen in Silivri in Untersuchungshaft: Chefredakteur Murat Sabuncu und Herausgeber Akin Atalay sind seit mehr als 490 Tagen inhaftiert, der Investigativjournalist Ahmet Şık seit mehr als 430 Tagen.
Bei den Vorwürfen geht es um Unterstützung der Gülen-Bewegung, der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK oder der linksextremen DHKP-C. Nach Angaben von Reporter ohne Grenzen (ROG) drohen den Angeklagten bis zu 43 Jahre Haft. Die Organisation erklärte, sie betrachte den Prozess als politisch motiviert und fordere die Freilassung aller Angeklagten. Das International Press Institute (IP) verlangte einen Freispruch für die Beschuldigten. Agenturen/nd
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