Kinderbetreuung neu erfinden

Zwei Modellprojekte in Lichtenberg unterstützen Eltern außerhalb der Kita-Öffnungszeiten

Das Problem ist bekannt. Die Kitas sind längst nicht so flexibel, wie es Unternehmen von den Eltern verlangen. Die meisten Einrichtungen schließen bis 18 Uhr, was Eltern, die etwa im Schichtdienst arbeiten oder Wochenenddienste haben, vor Herausforderungen stellt. Insbesondere für Alleinerziehende lassen sich Kindererziehung und Berufsleben nicht vereinbaren. Wohl oder übel müssen viele im Job zurückstecken.

Der rot-rot-grüne Senat, aber auch der Bezirk Lichtenberg versuchen, Eltern dabei zu unterstützen, individuelle Lösungen für die Kinderbetreuung zu finden. Vor eineinhalb Jahren startete das vom Senat unterstützte Modellprojekt »MoKis« (Mobiler Kinderbetreuungsservice), bei dem die Kinder vor allem abends oder am Wochenende zu Hause betreut werden. MoKis bietet eine Plattform, die wie ein Schwarzes Brett funktioniert. Die Eltern inserieren ihren Bedarf auf der Website, worauf sich Betreuungskräfte melden können.

Die Betreuung daheim ist eine andere Herangehensweise als bei 24-Stunden-Kitas, die sich in Berlin bislang nicht durchgesetzt haben. Allenfalls für Großbetriebe, die im Schichtbetrieb arbeiten, ist ein solches Angebot attraktiv.

Lichtenberg bietet wiederum eine noch andere Unterstützung als MoKis an. Dort organisiert der Verein für ambulante Versorgung in Stadtteilzentren eine Kinderbetreuung. »Eine Randzeitenbetreuung können wir damit zwar nicht abdecken«, erläutert die Geschäftsführerin Evelyn Ulrich dem »nd«. »Aber wir entlasten die Eltern, dass sie einmal in Ruhe einkaufen können oder ein Angebot im Stadtteilzentrum annehmen können.«

In Neu-Hohenschönhausen, wo mehr als 40 Prozent der Eltern alleinerziehend sind, kann das ein sinnvolles Angebot sein. Begonnen hat das Projekt Ende Dezember, mittlerweile gibt es weitere drei Zentren, die eine solche Betreuung anbieten. Bezirksbürgermeister Michael Grunst (LINKE) ist erfreut über das positive Echo zum Projekt. 125 000 Euro lässt sich der Bezirk dieses bis zum Jahresende laufende Angebot kosten. Anschließend soll es ausgewertet werden.

Die Betreuung bei MoKis ist dagegen ähnlich wie die von Babysittern. Und doch gibt es beträchtliche Unterschiede. Privat engagierte Babysitter verfügen in der Regel über keine Ausbildung; bei der flexiblen Kinderbetreuung prüfen die zuständigen Jugendämter, ob eine Person für die Betreuung geeignet ist. Zudem werden sie von MoKis auf ihre Arbeit vorbereitet, bevor sie als Honorarkräfte in die Familien kommen.

In Neu-Hohenschönhausen konnte Ulrich bei der Betreuung bereits auf ein Netzwerk in den Stadtteilzentren zurückgreifen. »Die Betreuungskräfte waren häufig bereits ehrenamtlich in unseren Einrichtungen beschäftigt«, erläutert sie. »Jetzt sind sie als Mini-Jobber tätig.« So innovativ der Ansatz bei MoKis auch sein mag, die Vermittlungserfolge in die Familien sind überschaubar. Bislang konnte gerade einmal 50 Eltern eine Unterstützung vermittelt werden. Angesichts der rund 150 000 Alleinerziehenden in Berlin ist das nur eine kleine Zahl. Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) ist dennoch zufrieden: »MoKis hat schon im ersten Jahr unsere Erwartungen übertroffen«, sagte sie dem »nd«. »Gerade Alleinerziehende benötigen gute Rahmenbedingungen, um Familie und Beruf vereinbaren zu können.« Vorteilhaft für die Eltern dabei: Der Service von MoKis ist öffentlich finanziert. Er kann mit einem Kita-Gutschein abgerechnet werden.

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