Akuter Personalnotstand in der Pflege
38 000 unbesetzte Stellen / Deutlich mehr Geld für Hilfebedürftige durch Reform
Berlin. Der Personalmangel ist zum Hauptproblem in der Altenpflege geworden. 17 000 Stellen in den rund 13 500 Einrichtungen können derzeit nicht besetzt werden. Das geht aus Ergebnissen des »Pflege-Thermometers 2018« hervor, der am Donnerstag in Berlin auf dem Deutschen Pflegetag vorgestellt wurde. Die repräsentative Befragung von Heim- und Pflegeleitungen durch das Deutsche Institut für angewandte Pflegeforschung (DIP) bestätigt zudem, dass Pflegekräfte unter weiter steigendem Druck arbeiten.
Mehr als die Hälfte der Beschäftigten erklärte, die Belastungen seien seit 2015 in allen Bereichen gestiegen. In der ambulanten Altenpflege sind der Untersuchung zufolge weitere 21 000 Stellen nicht besetzt. Der stellvertretende Vorstandsvorsitzende des DIP, Michael Isfort, sagte, die von der Großen Koalition versprochenen 8000 zusätzlichen Pflegestellen könnten angesichts dieser Zahlen keine schnelle Entlastung bringen.
Die schwierige Lage der Pflegekräfte war einer der Schwerpunkte des diesjährigen Pflegetags. Der Präsident des Deutschen Pflegerates, Franz Wagner, forderte einen »Masterplan Pflege« für jeweils 50 000 zusätzliche Stellen in der Alten- und Krankenpflege. Die Politik müsse ein Signal setzen, um den Pflegeberuf aufzuwerten.
Nach Ansicht des neuen Bundesgesundheitsministers Jens Spahn (CDU) wird es nicht einfach, diesen Personalmangel zu beheben. »Ich möchte als Minister so ehrlich sein zu sagen, das ist nicht mal eben so gemacht«, sagte Spahn auf dem Pflegetag. Zwar sei auch er für eine bessere Bezahlung der Pflegekräfte und mehr Ausbildung. Dies müsse aber auch finanziert werden.
Spahn bekräftigte die Absicht der neuen Bundesregierung, dafür zu sorgen, dass künftig mehr Pflegekräfte als bisher nach Tarif bezahlt werden. Dafür soll es vereinfacht werden, Tarifverträge für allgemeinverbindlich zu erklären. »Die Bezahlung hat maßgeblich Einfluss darauf, wie attraktiv ein Beruf ist,« erklärte der Minister.
Währenddessen veröffentlichte der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherungen am Donnerstag die Bilanz über die gesetzliche Pflegeversicherung für das vergangene Jahr. Demnach stiegen die Ausgaben auf 37,2 Milliarden Euro, das waren 7,5 Milliarden mehr als im Vorjahr. Grund dafür war vor allem die jüngste Pflegereform, die höhere Leistungen für die Versicherten vorsieht. Im Juni vorigen Jahres bezogen insgesamt 3,1 Millionen Bürger Leistungen der Pflegekasse, 400 000 mehr als noch am Jahresende 2016. Agenturen/nd
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