Intransparenz und zwielichtige Partner

Zwei Jahre nach fragwürdigem Machtwechsel in der Republik Moldau hält sich Bundesregierung mit Kritik zurück

  • David X. Noack
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Bundesregierung steht weiterhin treu zur moldauischen Regierung und forciert die EU- und NATO-Annäherung des südosteuropäischen Landes. Auch zwei Jahre nach der fragwürdigen Amtsübernahme des Premierministers Pavel Filip hält die Bundesregierung sich mit Kritik zurück und entsendet Berater sowie Gelder. Dies geht aus Antworten zu zwei Kleinen Anfragen der stellvertretenden Vorsitzenden der Linksfraktion im Bundestag, Sevim Dagdelen, hervor.

Nach der Parlamentswahl in der früheren Moldauischen SSR im Jahr 2014 kam heraus, dass im Zuge einer Bankenrettung rund eine Milliarde US-Dollar verschwunden waren. Bis zu 100 000 Menschen gingen auf die Straßen. Hinter den Kulissen eskalierten die Konflikte zwischen den Oligarchen Vlad Filat (Premierminister von 2009 bis 2013) und Vlad Plahotniuc. Letzterer ließ ersteren durch die von ihm kontrollierten Justizbehörden verhaften, kaufte sich eine Parlamentsmehrheit zusammen und ließ seinen Intimus Filip zum Premier wählen. Aufgebrachte Demonstranten stürmten das Parlament und die neue Regierung floh. Vereidigt wurde sie auf dem Sommersitz des damaligen Präsidenten. Zu dessen Nachfolger wählten die Moldauer im Herbst 2016 den Sozialisten Igor Dodon, der sein Land in die Eurasische Union mit Russland führen will. Seit dessen Amtsantritt liegen Regierung und Staatsoberhaupt im Clinch.

Da der Sozialist die EU-Assoziierung und eine Zusammenarbeit mit der NATO ablehnt, muss sich die deutsche Bundesregierung positionieren. Fragwürdige Verfahren zur Ernennung von Ministern kritisiert sie nicht. Da Dodon Kandidaten ablehnte, suspendierte das Parlament ihn, ließ die präsidialen Handlungen durch den regierungsfreundlichen Parlamentspräsidenten vollziehen und beendete die Suspendierung wieder. Die Verfassungsrichter nickten das ab, obwohl es in der Konstitution keinen entsprechenden Passus gibt. Für Berlin kein Grund zur Sorge. Von einer IWF-Verwicklung in den Bankenskandal weiß man im Auswärtigen Amt angeblich auch nichts. Doch das Eis wird dünner für Oligarchen-Intimus und Premier Filip. Aufgrund »fehlender Fortschritte im Justizsektor« stellte die EU ihre Zahlungen an die moldauische Judikative ein. Eine von OSZE und Europarat kritisierte Wahlrechtsreform setzte die Parlamentsmehrheit trotz der Bemängelung um.

Auch die NATO-Anbindung forciert die Regierung Merkel mit. Obwohl die Republik Moldau laut Verfassung neutral ist, nähert sie sich der NATO an. Ein NATO-Verbindungsbüro in Chisinău bezeichnet die Bundesregierung als »zivil«. Ein darüber hinaus bestehendes NATO-Informations- und Dokumentationszentrum sei angeblich eine »private Institution«, die nur über »euro-atlantische Werte« informieren wolle. Direkte Regierungsarbeit sind wohl nur die entsandten Bundeswehrberater und deutsche Zahlungen in Höhe von 300 000 Euro an das moldauische Militär im Jahr 2017. Der Umstand, dass der Präsident als Oberbefehlshaber der Streitkräfte der Teilnahme von moldauischen Soldaten an einem mit NATO-Kräften durchgeführten Manöver im vergangenen Jahr widersprach und die Regierung die Soldaten trotzdem entsandte, scheint der Bundesregierung egal zu sein. Bei der NATO-Anbindung stören Staatsoberhaupt und Verfassung anscheinend nur. »Die Entscheidung, die Republik Moldau immer stärker an die EU und NATO einzubinden, mit dem Ziel, den westlichen Einflussbereich nach Osten auszudehnen, erweist sich als strategischer Fehler. Das Land ist heute tiefer gespalten als je zuvor«, erklärt dazu Linke-Außenpolitikerin Dagdelen. »Es ist zu befürchten, dass EU und NATO das Land in eine Entscheidung gegen Russland hineintreiben wollen - mit verheerenden Konsequenzen«, so Dagdelen weiter gegenüber »nd«.

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