Weiterhin mehr Polizei in Cottbus

SPD, LINKE, CDU und Grüne fordern den Einsatz in der Innenstadt, solange Bedarf besteht

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 3 Min.

Angesichts der nach wie vor angespannten Situation in Cottbus soll die verstärkte Polizeipräsenz in der Stadt vorerst beibehalten werden. Das verlangt ein Antrag, den SPD, LINKE, CDU und Grüne gemeinsam in den Landtag einbringen. Ausdrücklich wird in diesem Antrag die rot-rote Landesregierung aufgefordert, auch an anderen Orten die verstärkte präventive Polizeiarbeit fortzusetzen, »solange der Bedarf besteht«.

»Einzelne Auseinandersetzungen zwischen einheimischen und geflüchteten Menschen - über die in Medien und in sozialen Netzwerken ausführlich berichtet wurde - haben den Eindruck entstehen lassen, in der Stadt herrsche ein aggressives Klima vor«, heißt es zur Begründung des Antrags. »Solche Darstellungen entsprechen weder der täglichen Lebensrealität in Cottbus noch der im Land Brandenburg.« Für Aufsehen hatten Anfang 2018 zwei Messerattacken syrischer Jugendlicher vor dem Einkaufszentrum Blechen-Carré gesorgt. In einem anderen Fall wurden Flüchtlinge bis in ihr Asylheim hinein verfolgt und geschlagen. In den vergangenen Wochen war Cottbus Schauplatz wütender Proteste gegen Flüchtlinge, organisiert von dem asylfeindlichen Verein »Zukunft Heimat«.

Die Kriminalitätsstatistik gibt eigentlich keinen Anlass für das subjektiv beeinträchtigte Sicherheitsgefühl in Cottbus. Die Zahl der Straftaten ist im vergangenen Jahr von 11 300 auf 9400 gesunken. Die Zahl der durch Zuwanderer verübten Delikte blieb mit knapp 400 annähernd konstant. Inzwischen wurde die Polizeipräsens in der Innenstadt erhöht und das zeigt nach Einschätzung der Polizei auch Wirkung.

Doch trotzdem machen sich Einwohner der Stadt Sorgen, erklärte Oberbürgermeister Holger Kelch (CDU) kürzlich. Um das subjektive Sicherheitsgefühl zu stärken, werde ein erneutes Alkoholverbot für die Innenstadt geprüft, sagte Kelch. Schon sicher sei dagegen der Einsatz von mehr Sozialarbeitern - gerade in den Sommermonaten. Außerdem will der Oberbürgermeister die Bevölkerung zum Gespräch einladen. Zum Auftakt werde die Stadtverordnetenversammlung am kommenden Samstag um 10 Uhr zu einer Sondersitzung zusammenkommen, teilte die Stadtverwaltung am Dienstag mit. »Wir wollen die Diskussion von der Straße in den politischen Raum holen, zuerst zu den gewählten Vertretern«, erläuterte der Stadtparlamentsvorsitzende Reinhard Drogla.

Im Anschluss an die Sitzung ist im Stadthaus ein Gespräch der Stadtverordneten und des Oberbürgermeisters mit Einwohnern geplant. Das Gespräch das auch im Internet übertragen werden. Weitere Veranstaltungen sollen im Mai und im Juni in mehreren Stadtteilen folgen. »Wir wollen in die Stadtteile gehen, aus denen der Ruf nach einem offenen Austausch über Probleme und Herausforderungen nicht nur durch den Zuzug von Flüchtlingen am lautesten war«, erklärte Oberbürgermeister Kelch.

Derweil heißt es in dem Antrag der vier Landtagsfraktionen, Cottbus habe überdurchschnittlich viele geflüchtete Menschen aufgenommen, was zu besonderen Herausforderungen führe. Zu den Herausforderungen gehören demnach kulturelle Unterschiede, die zu Konflikten führen, außerdem »die Unterbringung, ausreichend Plätze in Kitas und Schulen sowie gute Angebote zur Integration«. Die Regierung wird aufgefordert, die Debatte in Cottbus und an anderen Orten bei Bedarf, »ausgleichend zu begleiten«. Geprüft werden soll, inwieweit die Landeszentrale für politische Bildung und das Bündnis für Brandenburg helfen können.

Für SPD-Fraktionschef Mike Bischoff liegt das Hauptsignal der Initiative in der gemeinsame Positionierung, dass Cottbus nicht stigmatisiert werden dürfe. Bemerkenswert sei, dass sich zwei Regierungs- und zwei Oppositionsparteien offensiv dazu bekennen. Dem gemeinsamen Antrag seien harsche Auseinandersetzungen mit der CDU vorausgegangen, verriet Bischoff.

SPD, LINKE, CDU und Grüne wollen Cottbus mit diesem Antrag den Rücken stärken, sagte Linksfraktionschef Ralf Christoffers. Es werde unterstrichen, dass Cottbus »eine offene und lebendige Stadt voller Vielfalt« sei und als »Hauptstadt der Lausitz ein Leuchtturm der Region«. An der Technischen Universität Cottbus-Senftenberg stammen von 7600 Studierenden rund 2000 aus dem Ausland. Insgesamt arbeiten und studieren Menschen aus 100 Nationen in der Stadt. mit dpa

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