Inkasso-Check - schnelle Hilfe gibt es über das Internet

Angst vor Inkassoschreiben

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 4 Min.

Die Gründe für die Überschuldung privater Haushalte sind seit Langem immer die gleichen: Krankheit, Scheidung oder Arbeitslosigkeit; aber immer häufiger spielen auch prekäre Einkommensverhältnisse eine Rolle. »Selbst wenn sie einen Job haben, werden sie zum Teil so schlecht bezahlt, dass jede unvorhergesehene Ausgabe schnell das Budget übersteigt«, berichtet ein Berater der Sozialbehörde in Hamburg.

Selbstverständlich sind auch manche Opfer selber Täter: Der Kaufrausch im Internet, die viel zu teure Einbauküche in der neuen Wohnung oder das PS-starke Auto haben schon manche Familie ins finanzielle Unglück gestürzt.

Überschuldung hat weiter zugenommen

Trotz eines guten gesamtwirtschaftlichen Umfeldes, das auch für die meisten Verbraucher geprägt ist von einem stabilen Arbeitsmarkt, zunehmenden Renten und steigenden Konsumausgaben, sinkt die Überschuldung nicht, analysiert der Inkassodienstleister Creditreform in seinem jüngsten »Schuldneratlas Deutschland«. Tatsächlich habe sie sogar weiter (leicht) zugenommen. Eine Entwicklung, die mittlerweile auch bestimmt wird von Frauen und von älteren Betroffenen.

Die Folgen sind gravierend: Die Überschuldung von Privatpersonen in Deutschland ist seit 2014 zum vierten Mal in Folge angestiegen. Zum Stichtag 1. Oktober des vergangenen Jahres wurde für die gesamte Bundesrepublik eine Überschuldungsquote von über 10 Prozent gemessen: Damit sind mehr als 6,9 Millionen Bürger über 18 Jahre überschuldet und weisen laut Creditreform »nachhaltige Zahlungsstörungen« auf.

Nachhaltige Zahlungsstörungen werden aber weder vom deutschen Autohaus, noch vom amerikanischen Internethändler oder dem skandinavischen Möbelhaus sonderlich geschätzt. Auch Banken und Sparkassen werden nervös, wenn der einmal geschätzte Kunde nicht seinen Zahlungsverpflichtungen beispielsweise aus einem Ratenkredit für den Möbelkauf nachkommt. Aus einem solchen Fall kann schnell bitterer Ernst werden.

Noch komplizierter ist der Fall von Frau H. aus Bremen. Die junge Mutter hatte ein Anschreiben von einem Inkassounternehmen aus München in ihrem Briefkasten gefunden. Das Unternehmen will die Forderung eines Möbelhauses gegen sie durchsetzen.

Angeblich konnte der Kaufpreis für von ihr gekauften Waren von ihrem Konto mangels Deckung nicht eingezogen werden. Jetzt soll Frau H. neben dem offenen Kaufpreis von 198,31 Euro zusätzlich 113,16 Euro für die Tätigkeit des Inkassounternehmens zahlen.

Die Scheu vorm Streit mit einem Inkassobüro

Peng, das sitzt! Da das Inkassounternehmen ihr zudem mit einem Negativeintrag bei der Auskunftei Schufa in Wiesbaden droht, überweist Frau H. postwendend den geforderten Betrag. Erst später wendet sich Frau H. an die Verbraucherzentrale Bremen und erfährt, wie sie sich gegen die aus ihrer Sicht unberechtigte Inkassoforderung rechtlich zur Wehr setzen kann.

Frau H. ist kein Einzelfall. »Täglich kommen Verbraucher zu uns, die verunsichert sind«, so eine Sprecherin der Verbraucherzentrale. Viele Verbraucher zahlen die Rechnung, selbst, wenn sie von der Forderungsberechtigung nicht überzeugt sind. Vor allem kleinere Forderungen werden oft beglichen, nur um die Auseinandersetzung zu beenden.

Dieses Verhalten nutzen gerade unseriöse Inkassounternehmen aus, um an sich sogar abwegige Forderungen zu stellen. Oft drohen sie dann mit Lohn- und Gehaltspfändungen oder mit Hausbesuchen zur Pfändung von Wertsachen. Das macht vielen Menschen Angst.

Um Kunden besser zu wappnen, haben die Verbraucherschützer an der Weser »Inkasso-Check« entwickelt. Mit Hilfe des online verfügbaren Internetauftritts können Verbraucher nach Beantwortung einiger Fragen erfahren, ob sie überhaupt die Rechnung des Inkassounternehmens bezahlen müssen! Und wenn ja, ob wirklich die volle Höhe der Kosten fällig ist. Mit dieser individuellen rechtlichen Ersteinschätzung wissen sie, ob es erfolgsversprechend wäre, sich rechtlich gegen die Inkassoforderung zu wehren.

Falls nötig und erwünscht, sendet die Verbraucherzentrale auch einen auf ihren individuellen Sachverhalt zugeschnittenen Musterbrief zu. Mit diesem können sich Inkasso-Opfer direkt gegen unberechtigte Forderungen zur Wehr setzen. Handelt es sich um komplexere Sachverhalte oder bleiben nach Nutzung von www.inkasso-check.de doch noch Fragen offen, können Verbraucher sich (gebührenpflichtig) direkt an eine Verbraucherzentrale vor Ort wenden.

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