Teheran verlangt Sicherheitsgarantien
Iran setzt EU nach USA-Ausstieg aus dem Atomabkommen 60-Tage-Frist
Mohammed Dschawad Sarif lebt in diesen Tagen aus dem Koffer. Der iranische Außenminister ist das Gesicht der diplomatischen Offensive Teherans zur Rettung des von US-Präsident Donald Trump aufgekündigten Atomabkommens. Seine Tour begann am Sonntagabend in Peking, führte tags darauf nach Moskau, und die nächste Station heißt Brüssel. Es ist eine Reise zu allen verbliebenen Vertragspartnern, darunter Deutschland.
In Berlin allerdings war man nicht erfreut über die Vorgabe aus Teheran: »Die Europäer haben zwischen 45 und 60 Tage Zeit, um die notwendigen Garantien abzugeben und damit die iranischen Interessen zu wahren und die durch den US-Ausstieg verursachten Schäden zu kompensieren«, zitierte die Parlamentswebsite Icana.ir unmittelbar vor Beginn der Reise Sarifs Stellvertreter Abbas Araghschi. Bezugspunkt ist hier die von Trump verkündete Wiedereinführung von US-Wirtschaftssanktionen gegen Iran. Es werde darüber zu reden sein, ob man mit solchen Fristen wirklich weiterkomme, erklärte dazu Europastaatsminister Michael Roth am Montag. Fast zeitgleich bekräftigte Sarif in Moskau die Forderung nach »Zusicherungen« durch die Vertragspartner.
Russlands Außenminister Sergej Lawrow ließ keinen Zweifel daran, dass sein Land wie viele andere Staaten auf jeden Fall das Atomabkommen bewahren wolle. »Deshalb müssen wir gemeinsam das legitime Interesse von jedem von uns verteidigen«, sagte er laut Interfax. Auch China will gemeinsam mit Iran nach einer Lösung im Streit um den Vertrag suchen. Man werde eine »objektive, faire und verantwortungsvolle Haltung einnehmen« und »weiter daran arbeiten, das Abkommen aufrechtzuerhalten«, betonte Sarifs Amtskollege Wang Yi. Konkreter wurde aber auch er nicht.
Allerdings ist Pekings Interesse besonders groß, hat man doch nach Ende der Strafmaßnahmen gegen Teheran vor zwei Jahren vereinbart, den bilateralen Handel in der nächsten Dekade auf 600 Milliarden Dollar (504 Mrd. Euro) mehr als zu verzehnfachen. Für China ist das ein wichtiger Teil des gewaltigen Infrastrukturprojekts »Neue Seidenstraße«, mit dem neue Wirtschaftskorridore nach Europa und Afrika geöffnet werden sollen.
Roth signalisierte die Bereitschaft der Europäer, ebenfalls »stärker wirtschaftliche Verantwortung in Iran zu übernehmen« - vorausgesetzt, Teheran halte sich weiter an das Abkommen, das über strenge Kontrollen durch die Internationale Atomenergiebehörde den Bau einer Atombombe verhindern soll. Doch verwies er zugleich darauf, dass Trumps Sanktionen gegen Iran auch europäische Unternehmen treffen könnten. Was zeige, »wie schwierig die Gefechtslage ist«. Nicht nur UN-Generalsekretär Antonio Guterres sieht aber einen entscheidenden Grund, die Vereinbarung zu verteidigen: Sie sei ein sehr wichtiges Instrument, um die Weiterverbreitung von Atomwaffen zu verhindern. Mit Agenturen
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