Ereignis und Ärgernis

Hartmut Dorgerloh wird Generalintendant des Humboldt-Forums

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Es ist noch immer ein Ereignis, selbst fast drei Jahrzehnte nach der »Vereinigung«, wenn ein Ostdeutscher auf eine exklusive Leitungsposition berufen wird. Hartmut Dorgerloh, 1962 in der Hauptstadt der DDR geboren, ist am Dienstagnachmittag zum Generalintendanten des Humboldt-Forums erkoren worden. Er weist die hierfür nötigen Kompetenzen und Qualifikationen auf. Der Sohn eines Pfarrers, der im ostdeutschen Staat in kirchlicher Jugendarbeit engagiert war und das Motto »Schwerter zu Pflugscharen« mit auf den Weg brachte, hat in den 1980er Jahren Kunstgeschichte und Klassische Archäologie an der Humboldt-Universität zu Berlin studiert, wo er auch promoviert wurde. Anschließend arbeitete er als Konservator am Institut für Denkmalpflege in Ostberlin. Nach dem Anschluss der DDR an die Bundesrepublik tätig im Referat für Denkmalschutz in Brandenburg, avancierte er 2002 zum Generaldirektor der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg.

Spitze oder böse Zungen könnten nun monieren: Wer hat denn den Gärtner zum General gemacht? Theoretisch zeichnet die Stiftung Humboldt-Forum verantwortlich. Aber nicht nur die Spatzen vom Kuppeldach des Berliner Schlosses pfeifen einen Namen: Monika Grütters (CDU), Beauftragte der Bundesregierung für Kultur, soll Dorgerloh favorisiert und mehr oder minder sanft im Gremium der Entscheider und Entscheiderinnen durchgesetzt haben. Wenn dies stimmt, wäre es ein Ärgernis, weder demokratisch noch wahrhaft christlich zu nennen. Setzt doch die sich auf Jesus berufene Weltreligion - dem Vernehmen nach - heute eher auf Überzeugung denn auf Zwangsrekrutierung, wie es in der zweitausendjährigen Kirchengeschichte lange unselige Praxis war.

Das Humboldt-Forum, dessen feierliche Eröffnung Ende 2019 geplant ist, soll herausragende Sammlungen, darunter spirituelle Objekte und (ob ihrer Provenienz teils umstrittene) Kunstwerke aus Afrika, Amerika und Asien präsentieren. Grünpflanzen und gärtnerischer Zauber zur Zierde werden gewiss nicht fehlen. ves

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