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Black Heino

  • Thomas Blum
  • Lesedauer: 2 Min.

In einer Zeit, in der das, was einmal Rockmusik hieß, eine ihrer einstigen Funktionen - den in orientierungslosen Heranwachsenden rumorenden diffusen Drang zur Verneinung des schlechten Bestehenden zu bestärken und in ihnen den Impuls zur Subversion zu wecken - vollständig verloren hat, ist eine Gruppe wie Black Heino Gold wert. Gerade heute, wo die sogenannte konformistische Rebellion längst jeden Zipfel der Kulturindustrie durchdrungen hat: Nicht nur H. Fischer, Kollegah, A. Gabalier, E. Sheeran, Heino, Revolverheld, Freiwild & Co. sind auf allen Kanälen allgegenwärtig und spülen mittels des von ihnen ausgestoßenen akustischen Rotzes falsches Bewusstsein in unsere Gehirne. Auch unsere heutigen Jugendlichen sind erschreckenderweise genau die, vor denen ich schon in meiner Zeit als Jugendlicher immer gewarnt habe: Bands spielen bieder-betulichen Schlagerpop oder gleichförmigen Dutzendrock und singen dazu peinliches Zeug, das klingt wie von Seehofer & Gauland persönlich bestellt, irgendein Käse von Heimatliebe, Identitätärä und Schönheit der Arbeit. HipHopper schwanken zwischen AfD- und Erdogangesinnung und posieren in Dauerschleife mit peinlichen »maskulinen Machtergreifungsgesten« (Jens Balzer). Wenn heute einer ausschaut, wie Junge-Union-Mitglieder in den 80er Jahren ausgesehen haben (Polohemd, Bundfaltenhose, Streberfrisur), kann man das ja schon fast als äußeres Zeichen politischer Widerständigkeit gelten. In einer solchen Welt müssen wir heute leben.

Aber wir haben Black Heino, eine Berliner Band, in deren Namen bereits das Bekenntnis zur Gegenkultur anklingt: der schwarze, der andere, der unversöhnliche, der Anti-Heino, nicht mitmachend, ausgestoßen, Minderheit. Gelebtes Außenseitertum, Negation, Widerstand usw. Wir können förmlich das Kruzifix vor unserem geistigen Auge sehen, mit dem der Teufel Heino, reaktionärer »Volkssänger« und Symbolfigur der deutschnationalen Restauration, und seine Dämonen, seine auf Volksgemeinschaftspop getrimmten Wiedergängerinnen und Wiedergänger, die die Charts verstopfen, für alle Zeit geschwärzt, sprich: getilgt, ausgetrieben werden sollen.

Black Heino tun dies mit den schlichten musikalischen Mitteln des scheppernd dengelnden Sixties-Garagenrocks und Drei-Akkorde-Autodidakten-Punkrocks. Auch den Geist der Goldenen Zitronen und der Fehlfarben meint man zeitweise anklingen zu hören. Das hört sich dann so an: »Ich hasse Deutschland / Seine Intellektuellen / Kann mir jemand mal ein Bier bestellen? / ich bin Assi mit Niveau, ich les’ Adorno auf dem Klo.«

Black Heino: »Fear Of A Black Heino« (EP, Tapete Records)

Konzerte: 25.5., Plattenladen »Dodo Beach East«, 17 Uhr, Berlin-Prenzlauer Berg / 26.5., BLO Ateliers, 21 Uhr, Berlin-Lichtenberg (mit: The Hans & Blackbird Mantra)

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