Der Traum vom Fliegen bleibt

Ihr Leben lang nutzte sie jede Chance abzuheben - demnächst im Gleitschirm?

  • Christa Kikels
  • Lesedauer: 4 Min.

Um meinen Traum vom Fliegen zu verwirklichen, ging ich 1958 zu den Segelfliegern. Leider war diese aktive Zeit nach vier Jahren viel zu schnell zu Ende - ich wurde schwanger. Die Verantwortung für das kleine Wesen ließ mich nicht mehr in ein so kleines leichtes Flugzeug steigen. Doch der Traum vom Fliegen lebt bis heute.

1966 flog ich mit einer Gruppe Enthusiasten zu den Weltmeisterschaften im Motorkunstflug nach Moskau, um unserer DDR-Mannschaft zur Seite zu stehen. Wieder war ich schwanger, im 6. Monat, als wir mit einer TU 104 von Berlin nach Moskau und zurück flogen. Es hat dem Kleinen nicht geschadet, aber Pilot ist er nicht geworden.

Die Würfel sind gefallen

In der vergangenen Woche wartete ich gespannt, dass endlich »weißer Rauch« aufsteigt, der verkündet: Die Würfel sind gefallen, die Jury hat entschieden, welche zehn Geschichten in der kommenden Woche zur Abschlussveranstaltung des 16. nd-Lesergeschichten-Wettbewerbs vorgelesen werden. Dann endlich war es soweit, und ich kann Ihnen sagen, es wird sich lohnen, am 30. Mai, 18 Uhr im Münzenbergsaal des nd-Gebäudes zu sitzen wenn die Veranstaltung beginnt. Zehn tolle Geschichten werden die Gäste des Abends zu hören bekommen, versprochen!

Fast 100 Leserinnen und Leser haben sich in diesem Jahr an dem Wettbewerb beteiligt. Da können Sie sich vorstellen, wie sich die Jury gequält hat, die vermeintlich zehn schönsten Geschichten herauszufinden. Viel mehr hätten es verdient, etliche haben wir ja auch schon abgedruckt. Auch heute können Sie noch einmal zwei davon lesen.

Noch bleiben ein paar Tage, um sich für die Abschlussveranstaltung anzumelden. Machen Sie es schnell, wenn Sie dabei sein wollen. Am besten unter der E-Mail-Adresse unterwegs@nd-online.de oder telefonisch unter (030) 29 78 16 55.

Wir sehen uns am kommenden Mittwoch. Ich freu mich auf Sie. Heidi Diehl

Alles zum 16. nd-Lesergeschichten-Wettbewerb finden Sie unter: dasND.de/lesergeschichten

Es folgten weitere Linienflüge, zum Beispiel nach Budapest mit unseren beiden Söhnen. Dabei hatten wir ein ganz besonderes Flugerlebnis. Der Pilot lud Interessierte ein, einmal zu ihm ins Cockpit zu schauen. Damals gab es noch keine Angst vor Terroranschlägen. Auch ich stellte mich in die Wartereihe. Ich erzählte den Piloten, dass ich mal Segelfliegerin war, da durfte ich mich setzen und das Steuerhorn in die Hand nehmen. Es war ganz ruhige Luft, trotzdem fabrizierte ich einen kleinen Schaukler mit der großen Maschine, ich bekam einen mächtigen Schreck, natürlich hat der Autopilot sofort korrigiert.

1986 flogen wir nach Chabarowsk, dazu überquerten wir ganz Sibirien und waren nur noch 300 Kilometer vom Gelben Meer entfernt. Nach 1990 war es theoretisch möglich, überall hinzureisen, wenn man es bezahlen konnte. Wir sparten jede Mark und besuchten Kuba, China, Mexiko und Tansania mit wunderschönen Flügen über Länder und Meere. Wir sahen den Kilimandscharo von oben.

Ich träumte weiter, aus der Luft die Welt zu betrachten. Zu meinem 60. Geburtstag im Jahre 2000 schenkte mir mein Mann eine Ballonfahrt. Der kleine Luftballon mit dem Gutschein dran, segelte schon mal unerlaubt davon. Doch zwei Wochen später starteten wir in aller Frühe in den azurblauen wolkenlosen Himmel und erlebten eine wunderschöne ruhige Fahrt mit dem Wind über die Felder und Wälder des Flämings.

2001, zu unserer Rubinhochzeit (40 Jahre), meldeten wir auf einem Segelflugplatz Flüge mit einem Doppelsitzer an. Das Wetter war uns gewogen, außer uns waren die Söhne und jugendlichen Enkelsöhne mit je einen Flug in der »Holzkiste« dabei. Wir alle erlebten einen Start mit der Seilwinde und je nach Thermik fünf bis fünfzehn Minuten Segelflug. Da war sie wieder, die Begeisterung für das lautlose Fliegen, das Einssein mit der Natur.

So ging es munter weiter. Überall wo wir unseren Urlaub verlebten, hatte mein Mann schon vorher einen Sportflugplatz erkundet. Wenn wir dann mit dem Fahrrad in der Nähe waren, hieß es: »Mal sehen, was so ein Flug kostet?« Meist saßen wir einige Minuten später in einer kleinen Maschine. So lernten wir die Müritz, die Inseln Usedom und Rügen, den Fläming und auch Potsdam und Berlin von oben kennen.

Am spektakulärsten war unser Flug mit einem Wasserflugzeug über den Geirangerfjord in Norwegen. Wir befanden uns auf einer Busrundreise und hatten bis zur Abfahrt der Fähre etwa 70 Minuten Aufenthalt in Geiranger. Bei der Abfahrt vom Berg Dalsnibba hatten wir schon das Starten und Landen des Wasserflugzeuges beobachtet. Als der Bus hielt, lief mein Mann sofort zur Anlegestelle und erkundigte sich. Der Busfahrer warnte uns, er könne nicht warten, wenn wir nicht pünktlich seien. Wir wagten es trotzdem und stiegen in die Cessna. Es war ein einmaliges Erlebnis, nicht nur die berühmten Wasserfälle, sondern auch deren Zuflüsse zu bewundern, oft in Höhe der Abbruchkante der Felsen.

Dem Traum vom Fliegen neues Futter zu geben erreichte unser Sohn, indem er mit bewundernswerter Energie in Berlin-Schönefeld einen Termin beim Flugsimulator ergattern konnte. Dort müssen Piloten halbjährlich ihre fachliche Qualifikation nachweisen. Wir durften in einer halben Stunde üben, wie man einen Airbus A 300, ein wirklich gewaltiges Flugzeug, richtig startet, eine Runde um Berlin fliegt, und wieder sicher landet. Das war sehr aufregend, denn das Erlebnis wirkte verdammt echt. Ich träumte noch nachts davon.

Der 55. Hochzeittag sah uns wieder auf dem Segelflugplatz, denn dort hatten wir uns einst kennengelernt. Ein neues Fluggerät wurde ausprobiert, ein Tragschrauber. Wir beide flogen parallel, jeder mit einem Piloten und drehten einen weiten Bogen über Potsdam, filmten und fotografierten uns gegenseitig.

Einen Traum vom Fliegen habe ich noch offen, das ist ein Flug mit einem Gleitschirm. Bisher haben sich das nur mein Mann und einer unserer Söhne gewagt. Jedes Mal war ich zu feige, sowohl in Grindelwald und auch am Gardasee. Ich wollte mich nicht einem Stück Stoff und den daran befestigten Strippen anvertrauen. Deshalb sagte ich immer: »Das mache ich, wenn ich 80 bin.« Nun sind es bis dahin nur noch zwei Jahre. Mal sehen, ob ich dann den Mut haben werde?

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