Pflicht für die Eigentümergemeinschaft

Fragen & Antworten zum BGH-Urteil über Sanierungen

  • Lesedauer: 3 Min.

Ein Altbau in Hamburg, unten sind die Wände feucht, oben ist alles in bester Ordnung: Müssen die, die oben wohnen, der Sanierung zustimmen und mitbezahlen? Wie viele Gutachten braucht man? Muss überhaupt saniert werden?

Streit über solche Fragen hat die Eigentümer von zwölf Wohnungen und drei Büros bis zum Bundesgerichtshof in Karlsruhe geführt. Der V. Senat des BGH (Urteil vom 5. Mai 2018, Az. V ZR 203/17) hat jetzt für Klarheit gesorgt: Es muss saniert werden, die Rechnung teilen sich alle.

Welches Problem gibt es in dem Haus?

Das gründerzeitliche Gebäude stammt aus dem Jahr 1890. Seit einer Aufteilung 1986 umfasst es zwölf Wohnungen und drei sogenannte Teileigentumseinheiten im Souterrain - darin eine Naturheilpraxis, eine Künstler- und eine Kommunikationsagentur. Deren Wände sind feucht. 2010 und 2011 stellten ein Ingenieurbüro und ein Architekt in Gutachten jeweils das Fehlen von Sockelabdichtung und Horizontalsperre als Ursache fest. Außerdem seien Salze ins Mauerwerk eingedrungen. Die Sanierung würde rund 300 000 Euro kosten.

Wie sind Sanierungen in Eigentümergemeinschaften geregelt?

Wie Eigentümergemeinschaften ihre Immobilie zu verwalten haben, regelt das Wohneigentumsgesetz. Grundsätzlich steht den Eigentümern die Verwaltung gemeinschaftlich zu.

Unterschieden wird zwischen Sondereigentum, für das jeder Eigentümer selbst verantwortlich ist, und Gemeinschaftseigentum. Wer etwa sein Bad, das Sondereigentum ist, sanieren möchte, ist frei in seinen Entscheidungen. Gemeinschaftseigentum umfasst gemeinsam genutzte Räume wie Treppenhaus, aber auch Fassaden und Dach. Werden hier Sanierungsarbeiten nötig, müssen alle Eigentümer nach ihrem Anteil am Objekt zahlen. Dafür wird eine Instandhaltungsrücklage gebildet.

Laut Gesetz gehört zur Verwaltung einer Wohneigentumsgemeinschaft die ordnungsgemäße Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums.

Warum streiten die Parteien?

Auf einer Eigentümerversammlung am 31. März 2015 lehnte die Mehrheit Anträge zur Beseitigung der Schäden ab. Beschlossen wurde stattdessen, ein neues Gutachten einzuholen. Die Mehrheit der Eigentümer meinte, dass Feuchtigkeitsschäden zu einem Altbau von 1890 gehören. Es komme auf die damals geltenden Regeln der Technik an. Die Antragsteller zogen gegen die Beschlüsse vor Gericht.

Was entschied der BGH?

Die Richter machen im Urteil deutlich, dass die Nutzung des Tiefparterres entscheidend ist. Weil es laut Teilungserklärung Räume sind, in denen sich Menschen aufhalten, müssen diese trocken sein. Eine Obergrenze für die finanzielle Belastung einzelner Wohnungseigentümer gibt nach der BGH-Rechtssprechung nicht. Für die Reparatur eines Daches müssten auch alle Eigentümer gemeinsam aufkommen, obwohl zunächst nur das oberste Stockwerk betroffen sei.

Was sagt der Eigentümerverband Haus & Grund?

Die Rechtsreferentin von Haus & Grund Deutschland, Julia Wagner, empfiehlt, einen Verwaltungsbeirat zu wählen. Er besteht, wenn nichts anderes vereinbart haben, aus drei Mitgliedern der Eigentümergemeinschaft.

Vor dem Kauf einer Eigentumswohnung sollten Interessenten unbedingt die Beschlüsse und Protokolle der Eigentümerversammlungen ansehen. Man könne sich Klarheit über den Zustand des Objekts verschaffen. dpa/nd

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