Gallisches Dorf am Rande von Wartenberg

Verein Garten- und Siedlungsanlage Falkenhöhe 1932 streitet mit Bezirk über Ausstieg aus dem Kleingartengesetz

  • Tomas Morgenstern
  • Lesedauer: 3 Min.

Seit fast drei Jahren gärt es unter den Vereinsmitgliedern des Falkenhöhe 1932 e.V., einer vor bald 86 Jahren am Stadtrand zwischen Wartenberg und den Falkenberger Rieselfeldern gegründeten Kleingartenanlage. Diese Anlage hat 347 Parzellen, von denen 60 bewohnt werden - zumeist von Eigentümern, aber auch von Erbbaupächtern. Sie soll nach dem Willen des Bezirksamtes Lichtenberg künftig den Status einer »privaten Dauerkleingartenanlage« erhalten. Doch was als Bestandssicherung für Kleingärtner andernorts viel Zustimmung findet, stößt bei den meisten Falkenhöhern auf Ablehnung. Denn ihre Anlage weise klare Siedlungsstrukturen auf.

Aufgrund der »übermäßigen nichtkleingärtnerischen Bebauung und Nutzung« sei Falkenhöhe 1932 keine Kleinartenanlage im Sinne des Bundeskleingartengesetzes, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung von Interessengemeinschaft (IG) und Vereinsvorstand, die »nd« am Montag zuging. Doch obwohl sich der Bezirk auf »seine kleingärtnerischen Pläne« versteife, wollten die meisten Nutzer keine Kleingärtner sein. »Sie halten sich seit 1990 einfach nicht an das damals eingeführte Bundeskleingartengesetz - ein gallisches Dorf inmitten des Kleingartenwesens«, so beschreiben die Falkenhöher selbst ihre Position.

Sandra Lerche, von Hause aus Gartenbauwissenschaftlerin, ist seit 2016 Vereinsvorstandsmitglied und koordiniert die gemeinsame Öffentlichkeitsarbeit. »Ich bin Pionierin der ersten Stunde, habe, nachdem uns im September 2015 der Bebauungsplan für die Anlage bekannt wurde, die Interessengemeinschaft mitgegründet«, sagt sie. Dass der Bezirk mit dem sogenannten B-Planverfahren Kurs auf die Rückstufung zur Kleingartenanlage nehme, die zudem alle Grundstücke einschließen soll, sei auf großen Protest gestoßen. Hatten doch zwischen 1994 und 2014 viele Falkenhöher nach dem Sachenrechtsbereinigungsgesetz Antrag auf Kauf oder Erbbaupacht gestellt, um ihre meist aus DDR-Zeiten stammenden Rechte zu sichern. Sandra Lerche teilt Auffassung und Lebensgefühl der Leute in der Falkenhöhe. »Meine Eltern haben hier 1932 gebaut. In dem Haus wohne ich heute.« Es ärgere sie, dass man die Falkenhöher Rechtsposition im Bezirk offenbar nicht zur Kenntnis nehme. Dabei fühle man sich durch relevante Urteile des Bundesgerichtshofs bestätigt. Eine tendenziöse Interpretation durch das Bezirksamt habe man zurückgewiesen. »Man hat unsere schriftliche Beschwerde vor dem BVV-Beschwerdeausschuss von Ende 2015 nicht bearbeitet«, sagt die Sprecherin. Inzwischen läuft ein Verfahren vor dem Amtsgericht, soll der Streit juristisch geklärt werden. Der Verein hat zudem um Aufnahme in den Verband der Grundstücknutzer gebeten.

Im März hatte die IG zu einer Diskussion über Bürgerbeteiligung geladen, seither scheint ein Dialog mit LINKE, SPD, Grünen und CDU in Gang gekommen. Doch das Vertrauen zum Rathaus scheint angeschlagen, vor allem, seit eher zufällig bekannt wurde, dass man dort nach einem neuen Verwalter für die Anlage sucht.

Lichtenbergs Bezirksbürgermeister Michael Grunst (LINKE) sieht die Sache komplett anders. »Die Kommunikation mit dem Verein läuft über unsere Fachräte, und sie läuft gut.« Grunst weiter: »Wir haben aber die klare Linie im Bezirk, dass wir die Kleingartenanlagen erhalten. So hat es die Bezirksverordnetenversammlung beschlossen, und das gilt auch für Falkenhöhe.« Man werde die Kleingartenanlagen vor Ablauf der bis 2020 geltenden Schutzfrist sichern. Sie erfüllen eine wichtige soziale Funktion in der wachsenden Stadt und dienen der Erholung.

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