Historisches G7-Desaster in Kanada

US-Präsident Trump brüskiert Partner und zieht Unterstützung für Gipfelerklärung nachträglich zurück

  • Olaf Standke
  • Lesedauer: 2 Min.

Donald Trump ein »Chaot« mit kindischem Trotz, der Gipfel nur »Gelaber« - die politischen Reaktionen auf das desaströse G7-Treffen im beschaulichen La Malbaie waren vernichtend. Und tatsächlich muss man fragen, ob es nicht »G6 gegen eins« heißen müsste. Der US-Präsident ist dabei, auch dieses internationale Format zu zerstören. Und das scheinbar mit einem einzigen Wut-Tweet nach vorzeitiger Abreise. Womit er nachträglich die ohnehin nur mühsam und lückenhaft kurz vor Toresschluss zustande gekommene Abschlusserklärung makulierte und seine Verbündeten trotz weitgehendem Entgegenkommen brüskierte. Ein einmaliger Vorgang in der G7-Geschichte. Schuld, so Trump, sei Justin Trudeau, ein »sehr unehrenhafter und schwacher« Gipfelgastgeber. Der kanadische Regierungschef hatte auf seiner Pressekonferenz mit Blick auf die US-Strafzölle erklärt, dass man sich »nicht herumkommandieren« lassen werde.

Doch die Frage nach der Sinnhaftigkeit der Institution stellt sich schon, wenn man immer noch von den angeblich führenden Wirtschaftsmächten liest, die sich da einmal im Jahr treffen. Ginge es nur danach, müsste China längst mit am Tisch sitzen. Mit Blick auf die vielen militärischen Konflikte und politischen Krisen wäre auch eine Rückkehr Russlands überfällig. So aber plädierten beide Staaten zeitgleich auf dem Regionalgipfel der »Schanghai-Gruppe« für freien Welthandel, für gleichberechtigte Zusammenarbeit oder den Erhalt des Atomabkommens mit Iran, um die Welt ein bisschen sichererer zu machen. Probleme, bei denen die G7 grandios gescheitert sind; selbst beim Thema Meeresverschmutzung durch Plastikmüll saßen nicht alle in einem Boot.

Das alles ist jedoch nicht nur Trump und seinem beispiellosen Eklat geschuldet. Der Linksfraktionsvize Fabio De Masi wies am Sonntag darauf hin, dass der Amoklauf des US-Präsidenten auch der »Bumerang einer verrückten Wirtschaftspolitik« sei. Die Bundesregierung mache sich im Handelskrieg angreifbar, »da sie nicht zum Abbau der chronischen Exportüberschüsse« Deutschlands bereit sei. Auch ein Ende der Russland-Sanktionen wäre angesichts der US-Drohungen »im europäischen Interesse«. Gebraucht werde ein »Handelsbündnis demokratischer Staaten«, bei dem »wirtschaftlicher Austausch mit Klimaschutz, Arbeitsstandards und Menschenrechten« einhergehe, so Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter.

Hilfsorganisationen haben begrüßt, dass die G7 wenigsten Milliardensummen ankündigten, um mehr Bildung für Mädchen und Frauen in Konflikt- und Krisenregionen zu ermöglichen bzw. Frauen in Entwicklungsländern generell zu unterstützen. Doch zur Erinnerung: Vor drei Jahren in Elmau haben sie zugesagt, 500 Millionen Menschen aus Hunger und Mangelernährung zu heben. Einen Umsetzungsplan und Finanzierungsdetails blieb jetzt auch der Gipfel in Kanada schuldig.

Seiten 4, 7 und 20

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