»Der Steuerzahler ist der Dumme«

Hamburgische Bürgerschaft billigt Verkauf der HSH-Nordbank an amerikanische Finanzinvestoren

  • Stephanie Lettgen und Eckart Gienke, Hamburg
  • Lesedauer: 2 Min.

Der Verkauf der HSH Nordbank an amerikanische Finanzinvestoren rückt näher: Nach dem Kieler Landtag hat am Mittwoch auch die Hamburgische Bürgerschaft dem Geschäft zugestimmt. »Die HSH Nordbank-Krise ist das größte finanzielle Desaster in der Geschichte der Länder Hamburg und Schleswig-Holstein«, sagte der Chef der oppositionellen FDP-Fraktion, Michael Kruse. »Das ist die Folge, wenn der Staat Geschäfte betreibt, die er selbst nicht mehr überblickt.«

LINKE: Senat legte relevante Akten nicht vor

Die LINKE-Fraktion in der Hamburger Bürgerschaft hat dem Verkauf der HSH Nordbank an private Investoren nicht zugestimmt. Der haushaltspolitische Sprecher Norbert Hackbusch bemängelte insbesondere die fehlende Transparenz bei dem Verkaufsprozess. Nicht alle Gutachten, auf die sich der Hamburger Senat bei seinem Handeln gestützt hat oder immer noch stützt, wurden den Bürgerschaftsabgeordneten in Gänze vorgelegt, moniert Hackbusch.

Im Fall einer Expertise von 2015 wurde den Parlamentariern zwar eine Zusammenfassung übermittelt, die Einsicht in den kompletten und ungeschwärzten Schriftsatz aber verweigert, kritisiert Hackbusch. »Der Senat hat sich geweigert, relevante Akten vorzulegen, obwohl das Parlament es so beschlossen hat. Was darf die Öffentlichkeit nicht erfahren?« Der Abgeordnete stellt fest: »Es rächt sich jetzt, dass es nie eine wirklich unabhängige Prüfung der Bank gegeben hat und dass somit auch keine unabhängige Kontrolle möglich war.« dh

Die Steuerzahler in Hamburg und Schleswig-Holstein verlieren damit nach Angaben der Finanzbehörde rund 10,8 Milliarden Euro. »Am Ende ist der Steuerzahler der Dumme. Er muss für das Missmanagement einiger Weniger geradestehen«, teilte der Vorsitzende des Bundes der Steuerzahler Hamburg, Lorenz Palte, mit. Doch die meisten Abgeordneten sahen keinen anderen Weg. Den Verkauf hatte die EU-Kommission 2016 zur Auflage gemacht, nachdem Hamburg und Schleswig-Holstein ihre Milliarden-Garantien für das Institut ausweiten mussten.

Zehn Jahre Krise und Milliardenverluste liegen hinter der HSH Nordbank. Erstmals wird mit ihr eine Landesbank in Deutschland privatisiert. Nur die LINKE stemmte sich gegen das Geschäft und monierte, das Parlament sei nicht umfassend genug informiert worden. Dafür gab es in der hitzigen Debatte viel Kritik von den anderen fünf Fraktionen. Der Verkauf sei im Gegensatz zur Abwicklung der Bank die »kleinere Katastrophe«, betonte die AfD-Abgeordnete Andrea Oelschläger. Vier Abgeordnete enthielten sich bei der namentlichen Abstimmung.

Laut Vertrag zahlen die Investoren um die New Yorker Investmentgesellschaft Cerberus und den Investor J. Christopher Flowers rund eine Milliarde Euro. Gleichzeitig stellte die Hamburgische Bürgerschaft einen Kredit über knapp drei Milliarden Euro bereit, um die Garantiezusagen der Stadt gegenüber der Bank zu erfüllen. Im April hatte der schleswig-holsteinische Landtag in Kiel bereits einstimmig für die Privatisierung der HSH Nordbank votiert.

Für den Verkauf steht noch die Zustimmung von EU-Kommission und Finanzaufsicht aus. Schwierig ist der Übergang der Bank von der Einlagensicherung der öffentlichen Banken zu den Privatbanken. Es müssen Regelungen gefunden werden, die einen nahtlosen Übergang vom einen in das andere Sicherungssystem gewährleisten.

Mit ihrer Zustimmung zum Verkauf akzeptieren die Abgeordneten die Rechnung für schwere Fehler von der Gründung der Bank 2003 bis zur Finanzkrise 2008. Nach der Insolvenz der US-Bank Lehman Brothers musste die Bank einen Verlust von fast drei Milliarden Euro ausweisen und die Länder um Hilfe bitten. Es folgten Krisenjahre, in denen die Bank immer wieder am Abgrund stand und ein zweites Mal gerettet werden musste. dpa/nd

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