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Europa auf den Kopf gestellt

Auch wenn die CSU es will: Eine strikte Einreiseregelung wäre rechtlich kaum möglich

  • Lesedauer: 2 Min.

Der Vorschlag von Horst Seehofer (CSU) klingt simpel. Flüchtlinge sollen erst gar nicht ins Land gelassen werden, wenn sie bereits einem anderen EU-Staat registriert sind. Der Bundesinnenminister beruft sich dabei auf das Dublin-III-Abkommen der EU. Für die Durchführung eines Asylverfahrens ist nämlich jenes Land zuständig, das die Flüchtlinge zuerst aufgenommen hat. In der Praxis würde die Umsetzung des CSU-Plans eine Rückkehr zu nationalen Grenzkontrollen führen. Die Idee von offenen Binnengrenzen wäre damit gescheitert.

Nach europäischem Recht wären Zurückweisungen an der Grenze allerdings nur dann möglich, wenn das Nachbarland - etwa Österreich oder Polen - dem zustimmt und die Flüchtlinge aufnimmt. Ansonsten wären die Geflüchteten ohne Aufenthaltsrecht - und damit auch ohne Rückkehrverfahren.

Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl befürchtet in diesem Fall einen Dominoeffekt - dass ein Staat nach dem anderen die Geflüchteten abweist und niemand mehr willens ist, die Fluchtgründe von Schutzsuchenden in einem rechtsstaatlichen Verfahren zu prüfen.

Dabei gibt es zwingende Gründe, Asylsuchende einreisen zu lassen und ihr Gesuch zuzulassen. Denn gemäß dem Dublin-III-Abkommen gilt noch vor der Regelung zur Ersteinreise, auf die sich Seehofer beruft, die Herstellung der Familieneinheit. Pro Asyl verweist diesbezüglich auf die Situation von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen. Für sie ist nämlich derjenige Staat zuständig, in dem sie sich gerade befinden oder in dem sich ihre Familienmitglieder aufhalten. sot

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