WM-Flop kostet Italien Milliarden

Fußballerischer Erfolg ist auch für die Wirtschaft gut

  • Wolf H. Wagner
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Endrunde der Fußballweltmeisterschaft 2018 in Russland ist angepfiffen, doch die große Fußballnation Italien ist nicht vertreten. Trauer bei der Mannschaft, Trauer bei den Fans. Doch nicht nur die sportliche und emotionale Katastrophe bewegt das Land. Die Nichtteilnahme bringt auch erhebliche wirtschaftliche Einbußen mit sich. Die Ratingagentur Moody’s rechnet mit einem Schaden von zehn Milliarden Euro. Die Folgen werden auch noch in den kommenden Jahren sichtbar sein.

Fußball und Italien sind untrennbar verbunden. Gibt es Erfolge, so wirkt sich dies auch auf die Attraktivität anderer italienischer Produkte aus. Der nun völlige Ausfall lässt Produktion und Handel Schlimmes befürchten. Topprodukte »Made in Italy« wie Autos und Motorräder der Luxusklasse, modische Kleidung, Nahrungs- und Genussmittel sowie Kunst und Kultur - bei all diesen Waren werden Nachfrageeinbrüche erwartet. Schätzungen zufolge macht sich dies in den italienischen Kassen mit einem Manko von zwei bis drei Milliarden Euro bemerkbar. Betroffen ist auch der Inlandsmarkt: Die großen Ketten verzeichnen einen Rückgang beim Verkauf von Fernsehgeräten um bis zu 20 Prozent.

Fußball ist in Italien eine öffentliche Angelegenheit. Während der vergangenen Weltmeisterschaften schauten Millionen gemeinsam die Spiele an öffentlichen Plätzen, Pizzerien oder Restaurants - entsprechenden Konsum eingeschlossen. Die Nichtteilnahme in diesem Jahr dürfte für das Einzelhandel und Gaststättengewerbe Ausfälle in Höhe von drei Milliarden Euro nach sich ziehen. Eingeschlossen ist hier auch der Verkauf von Merchandise-Artikeln wie den azurblauen Mannschaftsshirts oder Nationalflaggen.

Vier Milliarden Euro soll der Verlust im Verkauf von Fernsehrechten und Werbezeiten betragen. Lediglich das Berlusconi-Imperium Mediaset freut sich. Hätten die Azzuri an der WM in Russland teilgenommen, wären für die Fernsehübertragungsrechte für einen Monat 150 Millionen Euro zu zahlen gewesen. Nun sank der Preis deutlich, Mediaset konnte die Rechte für 78 Millionen Euro erwerben. Zum ersten Mal in der Geschichte werden zwar alle 64 Partien übertragen, jedoch wird kein einziges Spiel im öffentlich-rechtlichen RAI zu sehen sein. »Bereits heute haben wir Werbeeinnahmen von 80 Millionen und somit die Kosten gedeckt«, sagte der Sohn des Medienzar, Mediaset-Geschäftsführer und Vizepräsident Pier Silvio Berlusconi. Während der kommenden Wochen werden die Kassen für Werbeeinnahmen auf den Kanälen Rete 4, Canal 5 und Italia 1 klingeln und dem Medienimperium trotz der Nichtteilnahme beachtliche Summen einspielen. Weniger Glück hat die Sportwettenbranche, sie erwartet einen Umsatzrückgang um bis zu 25 Prozent.

Die Vergangenheit zeigte, dass der Gewinn eines Weltmeistertitels unmittelbar einen wirtschaftlichen Aufschwung im Land zur Folge hatte. Nach der gewonnenen WM 1982 verzeichnete das Wirtschaftswachstum im Folgejahr einen Anstieg von 0,7 auf 1,5 Prozent. 2007, im Jahr nach dem Triumph von Berlin, füllten sich die Staatskassen mit zusätzlichen 18 Milliarden Euro. Ein nützliches Plus angesichts der ein Jahr später folgenden internationalen Finanz- und Wirtschaftskrise.

Die Bilanzen aus den WM-Siegen dürften also ein zusätzlicher Ansporn sein, sich für die kommenden Meisterschaften zu qualifizieren - sei es die EM 2020, die zum 60. Jahrestag in zwölf europäischen Städten ausgetragen wird, oder die WM 2022 in Katar.

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