Hubertus Heil und die Essenskuriere
Der Arbeitsminister unterstützt die Arbeitskämpfe bei Foodora und Deliveroo
«Die Digitalisierung bietet vor allem Chancen, aber manche Unternehmen verwechseln Digitalisierung mit Ausbeutung», erklärte Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) zu Beginn der Pressekonferenz am Alten Markt in Köln. Dass den Minister Plattform-Ökonomien, zu denen Foodora und Deliveroo gehören, umtreiben, hat mit einer Begegnung in der Talkshow «hart aber fair» zu tun. Da traf er zum ersten Mal den ehemaligen Betriebsratsvorsitzenden von Deliveroo in Köln, Orry Mittenmayer. «Liefern am Limit», eine Kampagne, die Mittenmayer mit zwei Kolleg*innen ins Leben gerufen hat, richtete nun in Köln das erste bundesweite Treffen von Kurierfahrern aus. 60 Rider aus acht Städten folgten dem Aufruf.
Auch Heil war dazu eingeladen. Vor der Pressekonferenz hatte er mit Gewerkschaften, Betriebsräten von Foodora und ehemaligen Kurierfahrern über die Arbeitsbedingungen diskutiert. Die Forderungen an die Unternehmen und den Arbeitsminister hatten die Fahrer zuvor gemeinsam formuliert. «Wir wollen, dass Betriebsräte stärker geschützt werden. Die Arbeitskleidung und Kosten für die Ausrüstung müssen vom Arbeitgeber gestellt und kompensiert werden. Und wir wollen, dass befristete Arbeitsverträge grundsätzlich abgeschafft werden», resümiert Mittenmayer.
Für sachgrundlose Befristungen hat das Hubertus Heil versprochen. Schon während der Bundestagswahl hatte seine Partei damit um die Wählergunst geworben. Das weiß auch Mittenmayer. «Jeder Politiker macht Werbung für seine Partei. Wir finden es gut, dass eine Regierungspartei sich mit uns solidarisiert», sagt er dem «nd». Auf bloße Beileidsbekundungen könnte er jedoch verzichten, sagt Mittenmayer. «Wir wollen konkrete Ergebnisse sehen.» Damit meint er auch, dass die Bundesregierung Gesetze für die Plattform-Ökonomien erlassen soll, um die Ausbeutung bei Deliveroo und Foodora zu bekämpfen. Mit «Liefern am Limit» will er die Kurierfahrer bundesweit mobilisieren. «Ein hoher Organisierungsgrad, damit die Unternehmen uns ernst nehmen, das wollen wir», sagt Mittenmayer.
Dass seine Worte auch beim Arbeitsminister angekommen sind, zeigte Heils Presse-Auftritt: «Wer die Digitalisierung benutzt, um Menschen auszubeuten, hat mich zum politischen Gegner», sagte er. Zunächst will er aber vor allem vermitteln und die Geschäftsführungen von Deliveroo und Foodora zu Gesprächen mit den Gewerkschaften an einen Tisch holen. Die Erwartungen an den Minister sind hoch. Eine eindeutige Aussage, dass Heil im Auslaufen der Verträge der Deliveroo-Betriebsräte in Köln ebenfalls einen Rechtsbruch sieht, gab es nicht. Aber zumindest einen Hinweis darauf: «Bevor man Recht durchsetzen kann, muss man den Rechtsbruch aufdecken», erklärte er.
Auch die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) ist gespannt, wie sich Heils Engagement auswirken wird. NGG-Gewerkschaftssekretärin Laura Schimmel sieht das übergeordnete Ziel in einem Branchentarifvertrag. Vom Arbeitsminister erwartet sie, dass der sein Versprechen einhält: «Wir nehmen Hubertus Heil beim Wort, dass er die sachgrundlose Befristung abschafft.» Ihrer Stuttgarter Kollegin Lisa Baumeister könnte es damit gerne schneller gehen. Bislang steht als Zeitrahmen erst der nächste Sommer im Raum. Den Beschäftigten vor Ort hilft das in der aktuellen Situation nicht weiter«, moniert Baumeister.
Wir stehen zum Verkauf. Aber nur an unsere Leser*innen.
Die »nd.Genossenschaft« gehört denen, die sie lesen und schreiben. Sie sichern mit ihrem Beitrag, dass unser Journalismus für alle zugänglich bleibt – ganz ohne Medienkonzern, Milliardär oder Paywall.
Dank Ihrer Unterstützung können wir:
→ unabhängig und kritisch berichten
→ übersehene Themen in den Fokus rücken
→ marginalisierten Stimmen eine Plattform geben
→ Falschinformationen etwas entgegensetzen
→ linke Debatten anstoßen und weiterentwickeln
Mit »Freiwillig zahlen« oder einem Genossenschaftsanteil machen Sie den Unterschied. Sie helfen, diese Zeitung am Leben zu halten. Damit nd.bleibt.