»Roadmap« für die Rückehr zur Demokratie

Thailands Militärjunta nennt erstmals konkreten Zeitraum für mögliche Parlamentswahlen, die Anfang 2019 stattfinden sollen

  • Thomas Berger
  • Lesedauer: 3 Min.

Nicht nur die Thais selbst, sondern auch die internationale Öffentlichkeit wissen inzwischen: Alle Aussagen über ein Ende der nach dem unblutigen Putsch der Armee im Mai 2014 eingesetzten Herrschaft der Generalsclique um Premier Prayuth Chan-ocha sind mit Vorsicht zu genießen. Immer wieder hatte der Regierungschef in Bangkok Zeitpläne bekannt gegeben, die dann doch nie eingehalten wurden. Aber so konkret wie nun waren die Voraussagen nie. Und es handelte sich auch nicht um einen Halbsatz in einer Rede Prayuths, sondern eine »Roadmap«, die hochrangige Führer des Regimes bei einem Treffen mit nahezu dem gesamten politischen Spektrum des Landes und dann auch vor der Presse bekannt gaben.

199 Abgesandte aus 74 Parteien, altbekannte Gruppierungen ebenso wie Neugründungen, waren am Dienstag der Einladung nach Bangkok in den Army Club gefolgt. Ihnen gegenüber saß zwar nicht Prayuth selbst, der zum Wochenwechsel auf Europareise weilte, dafür aber seine beiden Vizepremiers Prawit Wongsuwan und Wissanu Krea-ngam. Dazu Vertreter der Wahlkommission (der letztlich das finale Festlegen eines Wahldatums überlassen sein soll), der Verfassungsgebenden Versammlung und weiterer mit dem Regime verbundener Institutionen.

Noch läuft die Ausarbeitung letzter Gesetze über die Neuordnung der Politik, erst mit ihrer Verabschiedung, der Unterzeichnung durch den König und der offiziellen Bekanntgabe sind die letzten Hürden aus dem Weg geräumt. Ein Prozess, der noch mehrere Monate in Anspruch nehmen wird. Im letzten Quartal 2018, so die Aussagen von Krea-ngam, die andere Konferenzteilnehmer unterstrichen, könnte aber mit den konkreten Vorbereitungen für den Wahlgang wie dem Aufstellen von Kandidaten begonnen werden. Was die Parteienvertreter am meisten ernüchtert haben dürfte, auch wenn dies vor der Presse niemand so ausdrückte, ist die Tatsache, dass es noch keine Aussage darüber gibt, wann das politische Betätigungsverbot formell fallen könnte. Momentan operieren die Gruppierungen in einer rechtlichen Grauzone. Die nach dem Putsch verhängten Versammlungs- und Demonstrationsverbote bestehen fort - jede Ansammlung von mehr als fünf Personen ist damit illegal. Immerhin aber durften sich die alten Parteien bereits wiedergründen und auch neue Kräfte sich registrieren lassen. Eine Aufhebung der Verbote selbst in den letzten Monaten des Jahres scheint aber nicht geplant. Gerade neue Parteien dürften es damit vor der Wahl äußerst schwer haben, sich und ihre Ziele ausreichend bekannt zu machen. Zudem beklagen die Parteien, dass die laut den neuen Gesetzen geforderten parteiinternen Vorwahlen für die Kandidatenlisten ohne Aufhebung des Versammlungsverbotes nicht möglich seien.

Fast noch interessanter ist, wer am Dienstag am Tisch fehlte: die Pheu Thai Party (PT) von Ex-Premierministerin Yingluck Shinawatra - also jener demokratisch gewählten Politikerin, die mit dem Militärputsch entmachtet worden war. Kurz vor Verkündung der Strafe im Prozess gegen sie wegen des sogenannten Reissubventions-Skandals war Yingluck die Flucht ins Ausland geglückt. Vergangene Woche soll sie zusammen mit ihrem ebenfalls im Exil lebenden Bruder Thaksin, der seinerseits 2006 in einem früheren Coup entmachtet wurde, ihren Geburtstag gefeiert haben. Nun hat die Wahlkommission Ermittlungen gegen die PT aufgenommen, weil Thaksin mit einigen ihrer Führungsmitglieder telefoniert hatte - die neuen Gesetze verbieten streng die »Einflussnahme« von »Außenstehenden« auf die Parteien.

Premier Prayuth Chan-ocha weilt diese Woche in Europa. In London beim Besuch der britischen Amtskollegin Teresa May hatte er vor Medien auf kritische Nachfrage ebenfalls einen Wahltermin früh im kommenden Jahr in Aussicht gestellt. In Frankreich dann betonte er, sein Land befinde sich gegenwärtig in der zweiten Phase des Übergangs zur Demokratie, den Abschluss bildeten dann die Neuwahlen. Um politische Aspekte ging es ihm bei der Europatour aber weniger. Vielmehr wollte er um Investitionen werben.

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