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Weniger Geld für Alt-Kunden am Ende der Vertragslaufzeit

Fragen & Antworten zum BGH-Urteil zu Lebensversicherungen

  • Lesedauer: 3 Min.

Was sind Bewertungsreserven?

Lebensversicherungen legen das Geld ihrer Kunden an. Bewertungsreserven entstehen dabei, wenn Wertpapiere in den Büchern mehr wert sind, als sie ursprünglich gekostet haben. Der Marktwert liegt also über dem ursprünglichen Kaufpreis. Angesichts der Zinsflaute der letzten Jahre stieg der Wert vieler älterer festverzinslicher Wertpapiere mit einem noch hohen Zins. Die sogenannten stillen Reserven auf solche Papiere schnellen entsprechend nach oben.

Wie viel Geld steht den Kunden daraus zu?

Seit 2008 waren die Lebensversicherer verpflichtet, ihre Kunden bei auslaufenden oder gekündigten Verträgen zur Hälfte an den Bewertungsreserven zu beteiligen. Doch diese Pflicht fiel durch die Gesetzesänderung im Jahr 2014 weg. Nun gilt, dass bei den weiter bestehenden Verträgen die Auszahlung garantierter Leistungen nicht gefährdet werden darf. Mit der Gesetzesänderung sollte die unter der Zinsflaute leidende Versicherungsbranche stabilisiert werden.

Worüber verhandelte der Bundesgerichtshof?

Kläger in dem Verfahren war der Bund der Versicherten (BdV), der für den Fall die Rechte eines Versicherten übernahm. Dessen Versicherer hatte ihm die Beteiligung an den Bewertungsreserven massiv beschnitten. Im Jahr 2014 war ihm zunächst die Auszahlung von knapp 50 300 Euro angekündigt worden. Darin enthalten war eine Beteiligung an Bewertungsreserven in Höhe von mehr als 2800 Euro.

Die endgültige Auszahlung belief sich aber nur auf rund 47 600 Euro, weil das Unternehmen für die stillen Reserven wenige Wochen später nur noch knapp 150 Euro veranschlagte. Es begründete diesen Schritt mit seinem Sicherungsbedarf. Die strittige Gesetzesänderung war kurz zuvor in Kraft getreten. Vor Gericht verlangte der BdV die Auszahlung der Differenz von knapp 2700 Euro.

Was entschied der BGH?

Der BGH erklärte die im Jahr 2014 in Kraft getretene Neuregelung für verfassungsgemäß. Es seien vom Gesetzgeber verschiedene Maßnahmen getroffen worden, die die Interessen der ausscheidenden Versicherungsnehmer und der Versicherten mit laufenden Verträgen berücksichtigten, erklärte der zuständige Zivilsenat.

Unter Berücksichtigung des Einschätzungs- und Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers bestünden keine verfassungsrechtlichen Bedenken an der Wirksamkeit der Neuregelung.

Zugleich verwies das Gericht aber den konkreten Fall an das Landgericht Düsseldorf zurück. Das Gericht habe keine Feststellung dazu getroffen, ob die Voraussetzungen für eine Herabsetzung der Bewertungsreserve wegen eines Sicherungsbedarfs des Unternehmens bestanden. Das dürfte praktisch bedeuten, dass ein Versicherungskonzern nicht einfach so die Beteiligung massiv beschneiden kann.

Ist die Frage der Bewertungsreserven nun endgültig geklärt?

Wohl nicht. Zunächst muss jetzt in dem Fall das Landgericht Düsseldorf neu entscheiden. Zudem wird erwartet, dass der Bund der Versicherten auch vor das Bundesverfassungsgericht zieht. Agenturen/nd

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