Töne der Entspannung zwischen Mexiko und USA

Nach dem Sieg des linken Andrés Manuel López Obrador bleiben verbale Angriffe fürs Erste aus

  • Günther Bading, Mexiko-Stadt
  • Lesedauer: 3 Min.

»Wir werden uns nicht prügeln«, sagt der gewählte mexikanische Präsident Andrés Manuel López Obrador nach einem Telefonat mit dem US-Präsidenten Donald Trump. Und der hofft - wie immer über Twitter -, dass er mit dem Mexikaner »zum Nutzen beider« zusammenarbeiten könne. In den Wahlkämpfen beider klang das noch ganz anders, Trump beschimpfte die Mexikaner als Verbrecher. Und AMLO, wie López Obrador in Mexiko nur genannt wird, wetterte gegen den US-Kapitalismus. Bis zu AMLOs Amtsübernahme am 1. Dezember vergeht freilich noch jede Menge Zeit, um sich näher zu kommen.

Drei wichtige Themenbereiche wird AMLO nach Amtsübernahme bearbeiten müssen: Kampf gegen die Korruption, gegen die zunehmende Gewalt - mehr als 29 000 Morde wurden 2017 gezählt - und ein vernünftiges Verhältnis zu den USA. Dabei geht es zunächst um das Nordamerikanische Freihandelsabkommen NAFTA. Für Mexiko hängt viel davon ab, denn 80 Prozent seiner Exporte gehen in die USA.

NAFTA wird eines der Themen sein, die auf der Agenda von Mike Pompeo in Mexiko-Stadt stehen. Der US-amerikanische Außenminister kommt am Freitag, dem 13. zu Gesprächen mit dem scheidenden Präsidenten Enrique Peña Nieto - die abkürzungswütigen Mexikaner nennen ihn EPN - und dessen Nachfolger wie beschrieben AMLO. Die Mexikaner sind zwar abergläubisch, sie sehen aber Freitag den 13. nicht als Unglückstag an. Weitere Themen neben dem Handel sind nach Angaben des mexikanischen Außenministeriums die Migration, Sicherheit und Entwicklungszusammenarbeit.

Ein Streitpunkt ist der vom US-amerikanischen Präsidenten angekündigte Mauerbau. Das hatte AMLO schon in seinem halbstündigen Telefonat mit Trump angesprochen. In dem halbstündigen Gespräch - mit Dolmetscher, weil AMLO kein Englisch kann und Trump kein Spanisch - machte der Mexikaner einen simplen Vorschlag: Die USA sollten Mexiko bei der Entwicklung helfen, dann entstünden mehr Arbeitsplätze und weniger Mexikaner würden sich auf den Weg machen, um in den USA Arbeit zu suchen. Von Trumps Grenzmauer zu Mexiko war offenbar weder in diesem Gespräch die Rede, noch steht sie, nach mexikanischen Angaben, auf der Agenda des Pompeo-Besuchs.

Trump will die Mexikaner für das Bauwerk entlang der 3155 Kilometer langen Grenze bezahlen lassen. Präsident Peña Nieto hat das stets abgelehnt, und López Obrador, der einen sparsamen Staat versprochen hat, wird diesen Kurs nicht ändern.

In den Beziehungen zu dem großen Nachbarn im Norden - die USA sind fünfmal so groß wie Mexiko und haben zweieinhalbmal so viele Einwohner - will AMLO offenbar zunächst nichts oder nicht viel ändern. So hat er angekündigt, dass er das NAFTA-Verhandlungsteam von Präsident Peña Nieto übernehmen will. Er werde lediglich seinen Vertrauten Jesús Seade mit der Leitung beauftragen. Der machte klar, dass er »keine neuen Forderungen« erheben werde. Er gehe davon aus, dass die in der nächsten Woche weitergehenden Verhandlungen sogar schon bis zum Machtwechsel in Mexiko am 1. Dezember fertig sein könnten. US-Präsident Trump geht davon aus, dass dies nicht vor den amerikanischen Zwischenwahlen am 6. November sein könne.

Seade machte in einem Interview mit »US Trade« auch klar, dass er die bisher durch die Regierung Peña Nieto abgelehnten Punkte ebenso ablehnen werde. Dabei geht es um die »Sunset«-Klausel, nach der das neue NAFTA nach fünf Jahren automatisch beendet würde, wenn sich die drei Teilnehmer Kanada, USA und Mexiko nicht zuvor auf eine Verlängerung einigen. Weitere von Mexiko und Kanada abgelehnte Forderungen der US-Regierung sind die Aufweichung der Schiedsvereinbarung für Streitfälle, Erschwernisse für die Lieferung von Autos und Autoteilen in die USA, Verbot von Staatshilfen für die Landwirtschaft und sofortige Erweiterung der Importe von Waren aus den USA zum Ausgleich der Handelsbilanzen.

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