Konkurrenz beflügelt
Die deutschen Speerwerfer Andreas Hofmann, Thomas Röhler und Johannes Vetter sind die besten der Welt - weil sie auch miteinander arbeiten
Die Show mit dem Speer in Nürnberg hat einmal mehr Hoffnungen auf einen Dreifachtriumph in Berlin geweckt. Wenn es bei den Leichtathletik-Europameisterschaften in der deutschen Hauptstadt in zwei Wochen um Gold, Silber und Bronze geht, sind der neu gekürte Deutsche Meister Andreas Hofmann aus Mannheim, Olympiasieger Thomas Röhler aus Jena sowie der Offenburger Weltmeister Johannes Vetter die Topfavoriten - und könnten sich diese sogar untereinander aufteilen.
Zumal alle drei nach ihrem Auftritt in Nürnberg noch Steigerungspotenzial sehen. Trotz Würfen an die 90-Meter-Marke bei nicht optimalen Bedingungen. Zum Vergleich: In diesem Jahr hat es überhaupt nur zehn Würfe gegeben, die weiter waren als Hofmanns Siegerweite von 89,55 Metern. Nur einer davon war nicht von ihm, Röhler oder Vetter. Und: Noch nie war ein deutscher Speerwerfer bei nationalen Meisterschaften besser.
Röhler und Vetter haderten allerdings zumindest ein bisschen mit ihrem Auftritt. »Körper und Geist haben nicht zusammen gepasst. Ich war mit meinem Anlauf nicht zufrieden«, sagte Röhler, nachdem er im letzten Versuch auf 88,09 Meter gekommen war. Vetter sprach nach seinen 87,83 Metern von einem »soliden Wettkampf«. Er hatte in den vergangenen Wochen mit einer Verletzung zu kämpfen. Ihres Potenzials sind sich die Speerwerfer voll bewusst.
Es ist eines ihrer Erfolgsgeheimnisse, dass sie sich mit Erreichtem nie zufrieden geben. Olympiasieg und WM-Gold haben sie derzeit bereits inne - der EM-Titel soll folgen. »Es ist noch nicht das, was wir brauchen, um die ganz große Nummer zu spielen. Da werden die anderen schon noch Druck machen«, sagte Bundestrainer Boris Obergföll mit Blick auf die EM.
Bis dahin heißt es: trainieren und tüfteln - auch zusammen. Denn obwohl natürlich jeder das Optimale für sich herausholen will, ist das Verhältnis der Sportler untereinander freundschaftlich und respektvoll. Und auch die Trainer schotten sich nicht ab. »Es ist sicherlich unser Geheimnis, dass wir in so einem starken Austausch untereinander stehen, obwohl wir eine direkte Konkurrenzsituation haben«, sagte Obergföll: »Wir wollen natürlich eine Vorbildfunktion haben.« Man müsse nach der Leistungssportreform Ressourcen »effektiv« nutzen, um erfolgreich zu sein.
»Andere Nationen kaufen uns die Trainer weg, immer mehr Nationen können Medaillen machen«, sagte er weiter: »Wenn wir da nicht in der Lage sind, in den Teams mehr zusammenzuarbeiten, uns mehr auszutauschen, auch mal mehr preiszugeben, könnte das über kurz oder lang auch unser Untergang sein. Deshalb leben wir das ein bisschen vor.«
Obergföll zeigte aber auch deutlich auf, wo generell noch Verbesserungspotenzial bestehe. »Wir haben wahnsinnig viele Topathleten, die verletzt sind, weil es mit der physiotherapeutischen und medizinischen Betreuung nicht so funktioniert. Da fehlt uns einfach Geld«, sagte er: »Gehen sie mal zum FC Bayern und nehmen denen die Physiotherapeuten weg. Oder sagen sie deren Topspielern, sie können nur noch ein Mal oder zwei Mal die Woche zum Physiotherapeuten gehen - dann haben die aber ein Problem.« SID/nd
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