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Dortmund in Manchester: Ein Bösewicht in der Champions League
Zirkus Europa: Die Borussia und das Wiedersehen mit dem Joker
Erling Haaland hat mal wieder Angst und Schrecken verbreitet. Mit blutrot geschminkten Lippen und weiß gepudertem Gesicht, das blonde Haar hing ihm weit über die Schultern, dazu ein lila Anzug mit grüner Krawatte: Halloween als Joker. Es ist der Lieblingsbösewicht des Norwegers. Das passte ganz gut dazu, dass am Freitagabend sein einstiger Klub Borussia Dortmund gegen den FC Augsburg spielte.
Auch gegen Augsburg hat Haaland mal als Joker Angst und Schrecken verbreitet. Bald sechs Jahre ist das her und gerade wieder allgegenwärtig, denn am Mittwoch kommt es im europäischen Fußballzirkus zu einem Wiedersehen. Am vierten Spieltag der Champions League gastieren die Dortmunder bei Manchester City, wo der norwegische Weltstar seit drei Jahren seine Tore schießt.
Früher schlicht Pokal der Landesmeister, heute Champions League: ein inszeniertes Spektakel und Gelddruckmaschine des Fußballs. Sven Goldmann blickt auf den kommenden Spieltag.
Die Affäre zwischen dem BVB und Haaland begann an einem kalten Januartag des Jahres 2020. Der Norweger gab in Augsburg sein Debüt – als Joker. Als er sich nach zehn in der zweiten Halbzeit gespielten Minuten zur Einwechslung bereit machte, sah es beim Stand von 1:3 nicht gut aus für die Borussia. Doch schon daran, wie Haaland da am Kreidestrich wie ein nervöses Rennpferd auf und ab trippelte, Łukasz Piszczek abklatschte und mit nach vorn gebeugtem Oberkörper über den halben Platz spurtete, war zu erahnen, dass etwas Besonders passieren könnte.
Es vergingen handgestoppte 183 Sekunden, bis Haaland den Ball zum ersten Mal ins Augsburger Tor wuchtete. Er hielt sich nicht länger mit Jubelprozessionen auf, holte das Spielgerät aus dem Netz und signalisierte mit rotierendem Arm: Weiter, weiter! In diesem Sinne folgten zwei weitere Haaland-Tore und eines von Jadon Sancho. Der BVB gewann 5:3 und wurde fortan von der ganzen Welt um seine neue norwegische Wunderwaffe beneidet.
In seinen zweieinhalb Dortmunder Jahren kam Erling Haaland in 89 Spielen auf 86 Tore, bevor er nach Manchester weiterzog. Das erste Wiedersehen ließ nur ein paar Wochen auf sich warten und fiel so aus, wie ein Rendezvous mit Haaland meist endet. Verheerend. Der BVB zeigte am zweiten Spieltag der Champions League ein sehr gutes Spiel, Haaland lange Zeit ein sehr schlechtes. Die Statistik listete nur 26 Ballkontakte, ganze zehn davon im Dortmunder Strafraum, darunter aber jener kurz vor Schluss: João Cancelo hatte den Ball ins Irgendwo gechippt, wo sich scheinbar aus dem Nichts der lange Stürmer in die Luft schraubte und den Ball mit einem Kung-Fu-Tritt ins Tor wuchtete, ehrfürchtig flankiert von den Dortmundern Raphaël Guerreiro und Nico Schlotterbeck. Was für ein Treffer!
Ein paar Minuten später war dann Schluss, der BVB 2:1 geschlagen, und der formidable Mats Hummels goss die Erkenntnis des Abends in den schönen Satz: »Erling Haaland ist eben Erling Haaland.« Am Mittwoch kommt es in Manchester zum ersten Rencontre zwischen Schwarz-Gelb und Himmelblau seit 2022. Haaland, am Sonntag Doppeltorschütze in der Premier League, ist wieder dabei und ganz bestimmt nicht als Joker. Halloween ist vorbei.
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