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Europa knausert
Nelli Tügel über neue Fluchtrouten und alte Ideen
Was macht eigentlich Gerald Knaus? Während alle Welt über Mesut Özils Despotenselfie debattiert, hat der »Vater« des EU-Türkei-Deals eine »Idee«: ein zentrales Aufnahme- und Abschiebelager für Flüchtlinge in Spanien. Also im Grunde das, was die EU-Kommission auch will und - wenig sensibel - »kontrollierte Zentren« nennt. Nix Neues und doch: In Anbetracht des Sommers der Salvinis erscheint Knaus, der zumindest Seenotrettung gutheißt und Aufnahmezentren als »menschenwürdig« attribuiert, geradezu als Wahrer eines europäischen Restanstandes. Man muss allerdings beide Augen in Sachen Menschenrechte feste zudrücken, um in dem EU-Türkei-Deal ein Erfolgsmodell zu erkennen. Kann sein Architekt Ratgeber für eine »neue Flüchtlingspolitik« sein? Wohl kaum.
Die Verlagerung der Fluchtrouten nach Spanien - Hintergrund des von Knaus geäußerten Vorschlages - zeigt einmal mehr, dass Abschottung Tote produziert, aber an Migration nichts ändert. Diese hat es immer gegeben und wird es geben, selbst wenn die wohlfeilen Versprechen des »Helfens in den Herkunftsländern« eines Tages erfüllt sein sollten. Menschenrechte indes hat es nicht immer gegeben, gibt es nicht für jeden und wird es nicht mehr geben, wenn niemand für sie eintritt. Und »europäische Solidarität« von den Regierenden, wie allenthalben gefordert? Ein frommer Wunsch. Das muss die Zivilgesellschaft selbst in die Hand nehmen: Die »Seebrücke«-Proteste sind ein Hoffnungsschimmer in einem Europa, das mit Menschenrechten zunehmend knausriger wird.
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