Mahnbescheid statt Billigkredit

NRW-Ministerium will Verbraucher besser schützen

  • Uta Knapp, Remscheid
  • Lesedauer: 3 Min.

Sylvana und Cuma Eryilmaz sind knapp bei Kasse, brauchen eine schnelle Finanzspritze. »Wir haben einen Kreditanbieter im Internet angeschrieben, der uns statt dessen aber eine Mastercard andrehen wollte und uns seit einem Monat permanent mit Mails schikaniert«, erzählt der 28-jährige Cuma aufgewühlt. »Jetzt sollen wir 119 Euro zahlen für eine Karte, die wir gar nicht wollen. Die drohen uns schon mit einem Inkassobüro.«

Eine alte Dame aus Remscheid hatte ebenfalls Ärger - sie hat mit den Falschen telefoniert. Seitdem ist sie erstmals in ihrem langen Leben verschuldet: Für ein angeblich gratis erhältliches Zeitschriften-Abo, das sich die Seniorin aufschwatzen ließ, wurden ihr mit der Telefonrechnung hohe Beträge abgebucht. Und zwar geschickt verschleiert von einem »Infoservice Grundgebühr«.

Beispiele, die NRW-Justizminister Peter Biesenbach (CDU) und die Verbraucherzentrale (VZ) dieser Tage schilderten. Sie sehen dringenden Handlungsbedarf. Denn: Diese Betrügereien seien keine Einzelfälle, die Zahl der Betroffenen nehme zu. »Wir haben es mit einem bundesweiten, großen Problem zu tun«, sagt Lydia Schwertner von der VZ-Beratungsstelle. »So wird etwa suggeriert, man bekommt einen Schufa-freien Kredit, erhält statt dessen eine wertlose Prepaid-Karte, die nicht geladen und nicht nutzbar ist, für die aber schnell 50 bis 90 Euro gefordert werden.« In die Falle tappten finanzschwache Menschen, die die Überprüfung ihrer Bonität über die Schufa umgehen wollten.

Biesenbach will Druck machen für eine »Bestätigungslösung«: Ein Vertrag soll nur gültig sein, wenn er schriftlich vom Verbraucher bestätigt wird - egal, was vorher telefonisch gelaufen oder möglicherweise verabredet worden ist. Der CDU-Politiker hofft, dass ein auch von NRW mit eingebrachter Gesetzentwurf für einen besseren Verbraucherschutz nach dem »Ja« des Bundesrats nun bald die Zustimmung des Bundestags findet - allerdings seien Versuche in dieser Richtung in den vergangenen Jahren mehrfach gescheitert. Biesenbach warnt: Die schwarzen Schafe seien sehr erfindungsreich. Geködert werden vorrangig Ältere oder Zugewanderte mit noch nicht ausreichenden Deutsch-Kenntnissen, sagt Schwertner.

Wie ist also aber Sicht der Praktiker Abhilfe zu schaffen gegen unseriöse Geschäftspraktiken? Wirksam wäre nach Ansicht der Verbraucherschützer, wenn ausnahmslos eine schriftliche Bestätigung vom Kunden zur Bedingung für alle Verträge gemacht würde, wenn das Geschäft nicht auf die Intiative des Verbrauchers zurückgehe. Vor vier Jahren sei das zwar ähnlich für Gewinnspiele gesetzlich verankert worden, das reiche aber bei Weitem nicht aus, sagt Helga Zander-Hayat von der VZ-Geschäftsleitung.

Der Minister appelliert: »Immer misstrauisch sein. Vor allem Lösungen und Angebote, die besonders günstig erscheinen, dreimal hinterfragen.« Gebe es kein Impressum oder der Anbieter sitze im Ausland, sei erhebliche Vorsicht geboten. Die Eheleute Eryilmaz haben ihr Fazit gezogen: »Nach einem Kredit werden wir nie wieder im Internet suchen. Dann doch lieber zur Bank gehen, das ist sicherer.« dpa/nd

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