Rollt und rollt - und rollt

Fahrschulen im Osten greifen gern auf das DDR-Moped S 51 von Simson Suhl zurück

  • Jörg Aberger, Halle
  • Lesedauer: 3 Min.

Mit glänzenden Augen sitzt Toni Kuhnert auf der grünen Simson S 51. Sein Fahrlehrer Marco Rauchhaupt erläutert ihm, wie er das Moped anzutreten hat, wie gekuppelt und geschaltet wird. Der 15-Jährige will bald den Führerschein AM machen - und dann S 51 fahren. »Es macht einfach mehr Spaß. Dazu sieht das Teil noch besser aus als ein Roller«, schwärmt Kuhnert. Und nicht zuletzt darf er mit seinem Moped etwas, was er mit einem modernen Kleinkraftrad nicht dürfte: Mit einer Höchstgeschwindigkeit von 60 Kilometern je Stunde durch Halle in Sachsen-Anhalt fahren.

Rauchhaupt hat erkannt, dass vor allem Jungs auf das Kultmoped aus DDR-Zeiten abfahren. »Die Mädchen tun sich schwer damit, die Kupplung der Maschine zu ziehen«, hat er beobachtet. Sie nehmen lieber auf einem der modernen Roller Platz, die ein Automatikgetriebe haben - und bei 45 Kilometern in der Stunde das gesetzlich festgelegte Limit erreichen.

Seine S 51 (Baujahr 1967) hat der Inhaber der Fahrschule »Gangart« seit zweieinhalb Jahren in Betrieb. Eine Werkstatt in Halle-Trotha hat das Zweirad liebevoll wiederaufgebaut. Bisher habe es damit noch keinen Sturz, ja nicht einmal eine Schramme gegeben, berichtet Rauchhaupt. Und so glänzt der Lack in der Sonne, reflektiert der Chrom des Scheinwerfers das Licht.

Toni Kuhnert wird nach bestandener Prüfung weiterhin mit einer S 51 unterwegs sein. »Die steht schon zu Hause«, erzählt er voll Vorfreude. Ein Freund seiner Eltern hatte das Moped noch in seinem Besitz und es dem Jugendlichen verkauft. Dass er andere Führerschein-Neulinge überholen und abhängen wird, liegt an einer Regelung im Einigungsvertrag von 1990: Damals wurde vereinbart, dass Kleinkrafträder aus der DDR, wenn sie nicht mehr als 50 Kubikzentimeter Hubraum haben und nicht schneller als 60 fahren, den bundesdeutschen Kleinkrafträdern gleichgestellt werden, für die das Limit bei Tempo 45 km liegt. Einzige Einschränkung ist, dass sie vor dem 28. Februar 1992 erstmals in den Verkehr gekommen sein müssen.

Auch andere Fahrschulen haben das Potenzial der S 51 und ihrer Schwestern erkannt, so etwa in Quirla in Thüringen oder auch im brandenburgischen Perleberg. Allerdings machen sie zum Teil andere Erfahrungen als Rauchhaupt. So ist es bei Uli Pfaffe, der in Markneukirchen und Bad Elster Fahrschüler ausbildet, genau umgekehrt: »Die Jungs sind auch auf die Idee gekommen, den Roller zu nehmen, da man so Zeit für den Verkehr hat - wegen der Automatik.« Dafür sitzt bei ihm eine Fahrschülerin auf der S 51. Sie sei »einfach zu kurz für den Roller«, sagt Pfaffe.

Momentan läuft in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern noch ein Modellversuch, bei dem das Mindestalter für den Führerschein AM von 16 auf 15 Jahre abgesenkt wurde. Vor allem Jugendliche in ländlichen Gegenden sollen damit mobiler werden. So dürfen die 15-jährigen Inhaber der Fahrerlaubnis AM in diesen Bundesländern Kleinkrafträder, Mopeds und vierrädrige Leichtfahrzeuge fahren - und damit auch das Moped S 51. dpa/nd

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