Gedrucktes Fleisch

Mit 3D ließen sich Ressourcen sparen

  • Verena Kern
  • Lesedauer: 3 Min.

Es ist ein alter Menschheitstraum: eine neue Technik zu erfinden, die quasi im Handumdrehen die Lösung bringt für viele Probleme, die der Mensch sich selbst geschaffen hat. Etwa für den gewaltigen Ressourcenverbrauch, mit dem die Welt Jahr für Jahr mehr übernutzt wird. Oder für die zunehmende Vermüllung von Umwelt und Ozeanen mit Plastikabfall, der nach einer neuen Studie unter dem Einfluss von Sonnenlicht sogar das Klimagas Methan freisetzt. Oder für den steigenden Ausstoß von Kohlendioxid und anderen Schadstoffen, der mit dem wachsenden Warenverkehr einhergeht. Oder auch für die steigende globale Fleischproduktion, die riesige Mengen an Land, Wasser und Energie verschlingt.

Im Prinzip ist der Traum wahr geworden. Es gibt diese Wundertechnik tatsächlich. Mit dem 3D-Druck existiert ein Verfahren, mit dem die genannten Probleme gelöst werden könnten - zumindest potenziell.

Beispiel Ressourcenverbrauch: Anders als bei herkömmlichen Herstellungsweisen fällt beim 3D-Druck praktisch kein Abfall an. Die bisherigen Verfahren sind sozusagen auf den Kopf gestellt. Anstatt Material abzutragen oder zunächst mit großem Aufwand eine Form herzustellen, in die das entworfene Teil gegossen werden kann, werden Produkte und Bauteile additiv gefertigt, also Schicht für Schicht aufgebaut. Abfall fällt allenfalls bei Fehldrucken an.

Beispiel Plastikmüll: Kunststoffabfälle können gesammelt, zerkleinert und zu neuem Druckmaterial verarbeitet werden. Erste Schritte in diese Richtung gibt es schon. Die kanadische Firma Plastic Bank recycelt beispielsweise in Entwicklungsländern Altplastik und verkauft es als »Social Plastic« weiter. Die Sammler erhalten für ihr Plastik Geld, Dienstleistungen oder Güter.

Beispiel Warenverkehr: Weil mit 3D-Druckgeräten Waren dort hergestellt werden können, wo man sie braucht, müssen weniger Waren transportiert werden. Der Ausstoß von Treibhausgasen, der in diesem Sektor bislang ungebremst ansteigt, könnte erheblich gesenkt werden.

Beispiel Fleisch: 3D-Druck ist auch mit Biomaterial möglich. Aus tierischen Gewebezellen kann künstliches Fleisch hergestellt werden. Vor fünf Jahren gelang es der Universität Maastricht erstmals, ein verzehrfähiges Stück Fleisch auszudrucken. Auch hier gibt es inzwischen Start-ups, die das »Cultured Meat« zu vermarkten versuchen. Dasselbe gilt für veganes Fleisch; das Druckmaterial ist hier ein pflanzlicher Proteinbrei, aus dem etwa Burger gedruckt werden.

Würde das künstliche Fleisch das echte Fleisch ersetzen, wären die Einspareffekte enorm. Bei der Produktion ist nur halb so viel Energie erforderlich, der Landverbrauch ist um 99 Prozent geringer, der Wasserverbrauch um 96 Prozent. Die Emission von Treibhausgasen ginge um bis zu 96 Prozent zurück.

Doch es gibt einen Haken. Zum einen ist der Energiebedarf aller 3D-Druckgeräte hoch. Kommt der Strom aus Kohlekraftwerken, ist für die Umwelt wenig gewonnen. Der zweite Punkt ist noch gravierender: Die Möglichkeiten der neuen Technik sind zwar traumhaft. Doch dass sie die reale Welt kurz- oder mittelfristig grundlegend verändern und die globale Umweltbilanz deutlich verbessern werden, zeichnet sich bislang nicht ab. Darauf hat das Umweltbundesamt in einem ersten großen Trendbericht zur Abschätzung der Umweltwirkungen des 3D-Drucks hingewiesen. Entscheidend ist nämlich die Marktentwicklung, die man - auch mehr als 30 Jahre nach Erfindung der Technik - bestenfalls als mau bezeichnen kann. »Auch in absehbarer Zeit wird der 3D-Druck nur einen äußerst kleinen Anteil am weltweiten Maschinenpark umfassen«, heißt es in dem Bericht.

Im industriellen Bereich fristet die Wundertechnik nach wie vor ein Schattendasein. »Auch in einigen Jahrzehnten wird es noch traditionelle Verfahren geben«, sagt Frank Brückner vom Zentrum Additive Fertigung des Fraunhofer-Instituts für Werkstoff- und Strahltechnik in Dresden. »Die additive Fertigung ist eine Ergänzung, eine Erweiterung.« Eine zusätzliche Möglichkeit also, aber kein Ersatz.

Die meisten Geräte, so der UBA-Bericht, werden von Privatpersonen gekauft, von Designern oder Architekten. Dabei holen sich Anwender auch ein Umweltproblem ins Haus, nämlich die Emission von Schadstoffen wie Stäuben, Rauchgasen und Dämpfe, die gesundheitsschädlich sind.

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