Der Özil der Kunst?

Okwui Enwezor

  • Lesedauer: 2 Min.

Zwei Monate nach seinem Rückzug als Chef des Münchner Hauses der Kunst erhebt der prominente Kurator Okwui Enwezor im »Spiegel« schwere Vorwürfe. Er habe den Eindruck, »nicht mehr erwünscht« gewesen zu sein. »Ich bin geradezu perplex. Die Leistungen und Erfolge von sieben Jahren werden unter den Teppich gekehrt.« Es sei ein unzutreffendes Bild des »Scheiterns« entworfen worden.

Der in Nigeria geborene Kurator, der in seiner Karriere sowohl die Kasseler documenta als auch die Biennale von Venedig geleitet hat, nennt nun seine Herkunft als einen der Gründe für die Stimmung, die ihn zum Rückzug - aus offiziell gesundheitlichen Gründen, nach eigener Aussage ist er an Krebs erkrankt - bewegt habe: »Es ist durchaus denkbar, dass meine Herkunft, auch mein Äußeres manchen zu Projektionen verleiten. Ich beobachte sehr wohl, wie ich kulturell abgewertet werde.«

Als Beleg nennt er die Kritik daran, dass die deutsche Sprache nicht beherrsche. »Das wird auf erschreckende Weise überbetont. Manche Leute machen sich nicht einmal die Mühe, meinen Namen richtig auszusprechen, aber sie verlangen von mir, deutsch zu sprechen«, sagte der 54-Jährige. Er glaube, dass es bei dieser Kritik um »etwas anderes geht«.

Zudem hat er den Verdacht, dass »unsere inhaltliche Ausrichtung nicht ins heutige politische Klima« passte: Dieses bringe »viele Menschen dazu, all das, was in den vergangenen Jahrzehnten erreicht wurde, aufzugeben«. Es sei »erschütternd«, wie heute von Flüchtlingen gesprochen werde.

Nicht nur diese Abschiedsrede erinnert an diejenige von Mesut Özil aus dem deutschen Herrenfußballteam - sondern auch die Reaktionen. Bayerns Kunstministerin Marion Kiechle (CSU) erklärte nun der dpa, »die kuratorischen Leistungen« bestreite niemand. Doch sei die trotz »einvernehmlichen« Auflösungsvertrages »im Nachgang geäußerte Sicht der Dinge bedauerlich«.

2017 waren im Haus Geldprobleme bekannt geworden; es hatte Skandale um die Nähe von Angestellten zu Scientology und Fälle sexueller Belästigung gegeben. Der Aufsichtsrat stellte Enwezor im Herbst 2017 einen kaufmännischen Geschäftsführer an die Seite. Im Juni gab der seinen Abschied bekannt. dpa/nd

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