Auf Wohnungsversöhnungsfahrt

Regierender Bürgermeister und Bausenatorin begutachten gemeinsam Neubauprojekte

  • Jérôme Lombard
  • Lesedauer: 3 Min.

Rund 50 Menschen drängen sich durch eine Mietwohnung in Pankow. »Wie viele Zimmer gibt es? Wo kann ich meine Waschmaschine anschließen? Wie hoch ist die Kaltmiete?« Es klingt nach einem der inzwischen üblichen Massenbesichtigungstermine in einer begehrten Berliner Gegend. Ist es in diesem Fall aber nicht. Denn hier stellen nicht interessierte Mieter in spe die Fragen, sondern der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) und Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (LINKE).

Gemeinsam in die Mendelstraße ziehen wollen die beiden wohl nicht. Das Politikerduo war am Freitag angetreten, um sich von den landeseigenen Wohnungsbauunternehmen GESOBAU, Degewo, Gewobag, HOWOGE, Stadt und Land sowie WBM über sechs aktuelle Neubauprojekte an den Orten des Geschehens informieren zu lassen.

In Heinersdorf baut die GESOBAU derzeit 351 neue Wohneinheiten, von denen rund ein Drittel als geförderte Wohnungen zu Nettokaltmieten ab 6,50 Euro pro Quadratmeter ab dem Winter vermietet werden sollen. »Es geht sichtlich voran in Sachen Neubau«, sagt Müller und lächelt zufrieden. Aus seinem Sommerurlaub ist der Regierende sonnengebräunt und sichtlich gut gelaunt zurückgekehrt.

Eine Neubautour ähnlicher Art gab es 2016 schon einmal. Damals war Müller alleine unterwegs. Dass er dieses Mal seine Stadtentwicklungssenatorin mitgenommen hat, ist kein Zufall. »Planungen vorantreiben, Baurecht schaffen und Partner für bezahlbaren Wohnungsbau in der Stadt zu gewinnen, ist eine Gemeinschaftsaufgabe des gesamten Senats«, sagt Müller. Lompscher nickt - und fügt hinzu: »Die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften bleiben weiterhin die wichtigsten Partner des Senats bei der Aufgabe, zusätzlichen preiswerten Wohnraum zur Verfügung zu stellen.« Jetzt nickt Müller. Die zwei Politiker wollen demonstrativ Einigkeit zeigen. Sie sind mit einer Botschaft gekommen: Rot-Rot-Grün packt die Generationenaufgabe sozialverträglicher Wohnungsbau nach den Querelen der Vergangenheit ab jetzt gemeinsam an.

Die aktuellen Zahlen der kommunalen Wohnungsbaugesellschaften sollen die neue Einigkeit zusätzlich untermauern. Für dieses Jahr planen die sechs Unternehmen Investitionen von etwa 1,8 Milliarden Euro - eine Rekordsumme. »Ein neues Zeitalter bricht an«, sagt Müller bedeutungsschwer. Mit Blick auf die Senatskollegin neben ihm: »Katrin und ich sind ja best friends«.

Solch nonchalante Worte ist man von dem Regierenden sonst nicht gewohnt. Schon gar nicht, wenn es um die Stadtentwicklungssenatorin geht. Immer wieder hatte Müller Lompschers Arbeit kritisiert und sich unzufrieden mit der Neubaubilanz gezeigt. Von dieser Unzufriedenheit war am Freitag nichts mehr zu spüren. Bei dem Besuch der Baustelle der Gewobag in der Amrumer Straße in Wedding, wo 88 Apartments für Studierende entstehen sollen, schwärmen die beiden Politiker gemeinsam von ihren ersten eigenen Wohnungen. Auf der Neubautour menschelt es gewaltig.

Auch Jörg Franzen, Vorstandsvorsitzender der GESOBAU und Sprecher der landeseigenen Wohnungsbauunternehmen, findet nur schöne Worte. »Die landeseigenen Wohnungsbauunternehmen können sich auf einen Senat verlassen, für den die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum für breite Bevölkerungsschichten ein ganz wesentliches Ziel ist.«

Die in der Vergangenheit immer wieder geäußerte Kritik des BBU, etwa, dass der Senat nicht ausreichend bezahlbares Bauland zur Verfügung stelle oder das Baugenehmigungsverfahren durch die Ausweitung der Bürgerbeteiligung zu lange dauere, war am Freitag kein Thema mehr.

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