Werbung

UN fordern Ermittlungen wegen Völkermord an Rohingya

Schwerwiegende Anschuldigungen gegen ranghohe Militärs aus Myanmar durch Untersuchungskommission

  • Alexander Isele
  • Lesedauer: 3 Min.

Völkermord ist die schwerwiegendste Anklage, die Ermittler der Vereinten Nationen (UN) gegen eine Regierung erheben können. Am Montag veröffentlichte die UN-Untersuchungsmission für Myanmar in Genf einen Bericht, in dem die Ermittler ein internationales Strafverfahren gegen Oberbefehlshaber Min Aung Hlaing und fünf ranghohe Militärs des südostasiatischen Landes fordern. Das Vergehen: Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen - und Völkermord.

Ein Jahr nach der Vertreibung der muslimischen Rohingya-Minderheit in Myanmar empfehlen die UN-Ermittler, dass der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag Ermittlungen aufnimmt. Da Myanmar die Römischen Verträge zur Teilnahme am Strafgerichtshof nicht unterzeichnet hat, dürfte eine Anklage dort allerdings schwierig werden. Dazu benötigt es eine Empfehlung des UN-Sicherheitsrates, wo mit einer Blockade durch China gerechnet wird. Deshalb empfiehlt der Bericht, ersatzweise ein Ad-hoc-Tribunal einzurichten.

Min Aung Hlaing und seine Generäle seien verantwortlich für Morde, Massenvergewaltigungen, Folter, Versklavung, Gewalt gegen Kinder und das Niederbrennen ganzer Dörfer, so die UN-Ermittler. »Die grausamen Menschenrechtsverletzungen und Misshandlungen, die in den Bundesstaaten Kachin, Rakhine und Shan begangen wurden, schockieren wegen ihrer grauenerregenden Art und Allgegenwärtigkeit«, heißt es in dem UN-Bericht. Und weiter: »Die Verbrechen in Rhakine und die Art, wie sie begangen wurden, ähneln in (...) Schwere und Umfang Verbrechen anderswo, bei denen Völkermord als Absicht festgestellt wurde.« So sind unter anderem Hassrhetorik, Diskriminierung, organisierte Zerstörung und extreme Brutalität und Gewalt als Merkmale genannt. Zusätzlich zu den sechs hohen Militärs erstellten die UN-Ermittler eine längere Liste mit den Namen von Zivilpersonen, die mutmaßlich Verbrechen begingen.

Myanmar verweigerte den Experten die Einreise, die mit 875 Augenzeugen und Opfern sprachen und Dokumente, Satellitenaufnahmen und Fotos untersuchten. Der Bericht liefert ausreichend Beweise für die Untersuchung und Strafverfolgung der hochrangigen Kommandeure.

Neben den militärischen Akteuren beschuldigt der Bericht auch Myanmars De-facto-Regierungschefin und Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi, weder ihre Stellung noch ihre moralische Autorität genutzt zu haben, um den Geschehnissen in Rakhine Einhalt zu gebieten. Zwar attestiert der Bericht, dass weder sie noch die Zivilbehörden Einfluss auf das Vorgehen der Militärs hätten. Aber durch ihre Unterlassungen hätten sie dazu beigetragen, dass Gräueltaten verübt wurden.

Die Vertreibungen, bei denen circa 700 000 muslimischen Rohingya aus dem mehrheitlich buddhistische Land nach Bangladesch flüchteten, begannen nachdem Rohingya-Terroristen bei Angriffen mehrere Grenzwächter und Sicherheitskräfte getötet hatten. Die Gewalt, mit der das Militär reagierte, sei allerdings »durchweg grob unverhältnismäßig« gewesen, so die UN-Ermittler. Laut Ärzte ohne Grenzen wurden bis zu 10 000 Rohingya ermordet. Die Untersuchungsmission empfiehlt, dass der UN-Sicherheitsrat Sanktionen gegen die Verantwortlichen verhängen und Myanmar mit einem Waffenembargo belegen soll.

In Yangon wurde derweil das Urteil gegen die beiden Reporter Wa Lone und Kyaw Soe Oo um eine Woche verschoben, das für diesen Montag angekündigt war. Die beiden haben mit ihrer Berichterstattung maßgeblich dazu beigetragen, dem Militär eine Beteiligung an Massakern gegen Rohingya-Männer in Rakhine nachzuweisen. Sie sind wegen Diebstahls von Staatsgeheimnissen angeklagt, ihnen drohen bis zu 14 Jahren Haft.

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal