Groenings große Entzauberung

Matt Groenings neue Serie »Disenchantment« kann nicht überzeugen

  • Lee Wiegand
  • Lesedauer: 3 Min.

Seit fast dreißig Jahren erfreut sich die Welt an »The Simpsons«. 1989 flimmerte die erste Folge über die Bildschirme. Aber man muss kein Fan der ersten Stunde sein, um die kontinuierliche Abnahme der Qualität dieser einst so bedeutenden Serie zu bemerken.

Fünf Jahre ist es her, dass die letzte Folge von »Futurama« ausgestrahlt wurde. Abgesetzt, bereits zum zweiten Mal und erneut zu Unrecht, nahm hier die Qualität in Sachen Handlung und Inszenierung stetig zu. Phillip J. Fry und das Team von Planet Express hatten zudem im Vergleich zur chaotischen Familie in Springfield noch echte Fans, die neue Folgen mit Spannung erwarteten, anstatt sie nur noch zu ertragen.

Anstatt die eine Serie in ihr wohlverdientes Ende und die andere in eine alles in den Schatten stellende Fortsetzung zu führen, entschied sich ihr Schöpfer Matt Groening dafür, gemeinsam mit dem Streaminganbieter Netflix eine neue Serie zu kreieren, die den, zumindest für deutsche Ohren, relativ aussagelosen Titel »Disenchantment« trägt.

Disenchantment, Entzauberung also. Aber wer oder was wird entzaubert, vor allem dann, wenn uns Groening in eine Welt versetzt, in der es Drachen, Zwerge und allerhand andere Karikaturen von Tolkiens Kreaturen gibt? Kreatürchen, sozusagen.

Elfo zum Beispiel, ein Elf aus dem Elfenwald (Sie ahnten es bereits, nicht?), wo alle Elfen den ganzen Tag Süßigkeiten herstellen, bei der Arbeit singen und glücklich sein müssen. Das findet Elfo, selbst eher der depressive Typ, »Scheiße« und macht sich aus dem Staub, nachdem man ihn am Lollipop-Baum aufknüpfen wollte, weil er es wagte, eine Affäre mit der Häuptlingstochter zu beginnen und die fadenscheinige Idylle der Elfenwelt laut und offen infrage zu stellen.

Auf der anderen Seite ist Prinzessin Tiabeanie Mariabeanie De La Rochambeaux Drunkowitz, genannt Bean, Thronfolgerin des Königreichs Dreamland, die ganz und gar unzufrieden mit der für sie vorgesehenen Rolle ist. Anstatt sich auf ihre Hochzeit und das Leben als Königin vorzubereiten, zecht sie lieber mit dem einfachen Volke in den Wirtshäusern der Hauptstadt.

Nun soll sie einen Prinzen aus fernen Landen heiraten, um eine Allianz ihres Vaters mit einem anderen Königreich zu stärken, man kennt das ja aus der eigenen Geschichte. Blöd nur, dass eine noch unbekannte Interessengruppe sie kurzerhand mit dem Dämonen Luci verflucht, der fortan ihr gutes Gewissen übertönen soll. Aus Versehen tötet sie ihren Zukünftigen und vergrämt auch ihren Ersatzgatten - der Fluch kam ihr gerade recht. Plötzlich tritt auch wieder der naive Elfo in Erscheinung, sprengt den Rest der Hochzeit und im nächsten Moment sind die drei auch schon auf der Flucht.

Anders als man vom Trailer vielleicht erwarten würde, ist das aber lediglich die Handlung der ersten beiden Folgen und die Sache ist am Ende dieser bereits wieder weitestgehend geklärt. Nichts neues also, sondern ein Rezept, das auch schon bei den Simpsons funktioniert hat.

Auch sonst hat »Disenchantment« leider mehr von »The Simpsons« als von »Futurama«. Klar, manchmal lacht man schon mal kurz über Wortspiele und absurde Situationskomik, vom Stuhl gerissen wird man nicht. Ganz weit im Hintergrund spielt sich eine fortlaufende Handlung ab, von der man kaum Notiz nimmt. Es scheint so, als sei dieses Mal weder Netflix noch Groening der große Wurf gelungen.

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