Marktschreier

Personalie

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 2 Min.

Nun hat Raed Saleh, Chef der Berliner SPD-Abgeordnetenhausfraktion, also eine neue Mietenpolitik zu dem Thema erkoren, das die Partei aus dem historischen Umfragkeller holen soll. Würde derzeit in der Hauptstadt gewählt, käme die SPD laut Forsa nur auf 17 Prozent, Platz vier hinter Linkspartei, CDU und Grünen. »Als Signal ist das richtig«, sagt eine Fraktionskollegin, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen will. »Aber es ist mal wieder nicht wirklich unterfüttert.«

Saleh hat sich schon einen gewissen Ruf damit erworben, relativ unvermittelt ein neues politisches Ziel auszurufen. Und auch relativ unvorbereitet. Das tut er gern über die Platzierung eines Gastbeitrags im Berliner »Tagesspiegel«. Bei der nun zu verfolgenden »mietenpolitischen Revolution« ist es nicht anders als bei seiner Forderung nach einer Kitapflicht, die er 2013 auf diesem Wege dem geneigten Publikum empfahl. Doch wenn nicht sofort Hurra in der Öffentlichkeit geschrien wird, verschwindet das Thema, ohne es ernsthaft weiterzuverfolgen, wieder in der Versenkung.

Im vergangenen November probte die Fraktion einen Aufstand. Seit seiner Wahl habe Saleh viele Namensbeiträge veröffentlicht, mit seinem Pressesprecher ein Buch zur deutschen Leitkultur geschrieben und sich auf Lesereise in alle Teile Deutschlands begeben, heißt es in einem Brief, den über ein Drittel der Abgeordneten unterzeichnet hatten. Sie warfen ihm indirekt vor, sich fast nur um seinen Wahlkreis und seinen Heimatbezirk Spandau zu kümmern - und kaum um die Fraktion.

Raed Saleh, der als Fünfjähriger von seinen Eltern aus Palästina nach Berlin nachgeholt wurde, hat sich mustergültig sozialdemokratisch hochgearbeitet. Seine Fähigkeit, Netzwerke zu knüpfen und mit überraschenden Volten den Gegner zu verwirren, hat ihm sicher bei dem Aufstieg geholfen. So, wie der 41-Jährige agiert, könnte er einen guten Generalsekretär abgeben, wenn die Berliner SPD denn so ein Amt hätte. Da kommt es nicht so sehr auf Beharrlichkeit an. Viel Glaubwürdigkeit erwirbt man in so einem Amt jedoch nicht.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal