Schulen sollen Schutzraum werden

Lehrer und Schüler sollen für Missbrauch sensibilisiert werden / Senatorin Scheeres schildert eigene Erfahrung

  • Julian Seeberger
  • Lesedauer: 2 Min.

Am Mittwochvormittag stellten Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) und Johannes-Wilhelm Rörig, Unabhängiger Beauftragter der Bundesregierung für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, das neue Konzept der Initiative »Schule gegen sexuelle Gewalt« vor, die nun auch in Berlin beginnt.

Dabei schilderte die Senatorin sogar ein Erlebnis aus ihrer eigenen Schulzeit, bei dem mehrere Mitschüler sie festhielten und gegen ihren Willen begrabschten. »Erlebten Missbrauch vergessen Kinder nie. Das beeinflusst sie in ihren Lebensläufen, und meistens auch ihre Familien und die Familien, die sie selbst einmal gründen«, erklärte Scheeres. Auch deshalb stelle der Kampf gegen Kindesmissbrauch schon lange einen Schwerpunkt ihrer Arbeit dar.

Im Rahmen der Initiative soll das Selbstbewusstsein von Kindern und Jugendlichen gestärkt werden. Gleichzeitig sollen die Lehrkräfte für Anzeichen sexuellen Missbrauchs sensibilisiert und über Unterstützungsangebote aufgeklärt werden.

Statistisch gesehen müssen betroffene Kinder und Jugendliche bis zu sieben Mal versuchen, Vertrauenspersonen anzusprechen, um Hilfe zu finden. »Hilferufe werden oft nicht gehört, Signale nicht erkannt«, beklagte Rörig.

Allein für Berlin listet die Kriminalstatistik von 2017 insgesamt 844 Fälle von Missbrauch an Kindern und Jugendlichen auf. Dazu kommen 28 Missbrauchsfälle gegenüber Schutzbefohlenen. Es sei zudem von einer hohen Dunkelziffer auszugehen, so die Initiatoren.

Besonders Schulen seien dafür geeignet, zu Orten zu werden, an denen Betroffene Hilfe finden können. »Wir wollen die bundesweit über 30 000 Schulen unterstützen, nicht selbst Tatort sexueller Gewalt zu werden. Ein zentrales Ziel der Initiative ist aber auch, dass die Schule Schutzort ist«, erklärte der Beauftragte der Bundesregierung mit Hinblick auf Missbrauchserfahrungen, die Schülerinnen und Schüler andernorts erleben.

Mithilfe des neuen Vorstoßes sollen die Schulen selbst nachhaltige Schutzkonzepte entwickeln und im Alltag umsetzen. Dazu wurde allen Berliner Schulen umfangreiches Informationsmaterial zugesandt. Zudem wurde das Online-Fachportal www.schule-gegen-sexuelle-gewalt.de um landesspezifische Informationen für Berlin ergänzt.

Da Smartphones und soziale Medien neue Facetten von Missbrauch, gerade auch unter Schülern selbst mit sich bringen, seien neue Konzepte und Lösungen nötig.

Berlin ist das 13. Bundesland das der Initiative folgt. Bis Ende 2018 sollen alle Länder aktiv eingebunden sein.

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