Doch die Verhältnisse, sie sind nicht so!

Münzenberg-Forum Berlin zeigt Preisträger seines künstlerischen Wettbewerbs

  • Mathias Nehls
  • Lesedauer: 3 Min.

Benütze das Foto als Waffe! Erobert den Film! Nehmt Scheren! So heißen die drei Preise der künstlerischen Wettbewerbe in den Kategorien Foto, Film und Collage, die das Münzenberg-Forum Berlin seit 2016 jährlich auslobt. In diesem Jahr stehen sie unter der Überschrift »Doch die Verhältnisse, sie sind nicht so!« - ein Zitat aus dem Lied der Dreigroschenoper von Bertolt Brecht.

Die Künstlerinnen und Künstler hatten vier Monate Zeit, sich kritisch-künstlerisch mit den heutigen gesellschaftspolitischen Verhältnissen auseinanderzusetzen. In jeder Wettbewerbskategorie bestimmte eine dreiköpfige Fachjury, die sich aus Praktizierenden und Lehrenden des jeweiligen Fachgebiets zusammensetzt, über die Vergabe des Preisgeldes von 5000 Euro.

Dem Aufruf folgten in jeder der drei Kategorien Foto, Film und Collage zwischen 50 bis 100 junge Künstlerinnen und Künstler. Die wenigsten von ihnen sind Laien. Zumeist studieren sie an den renommierten Kunsthochschulen in Deutschland oder bestreiten seit Kurzem mit Kunst ihren Lebensunterhalt. Seit letztem Jahr erreichen uns auch Einsendungen aus dem europäischen Ausland.

Eine Vielzahl der eingesandten Arbeiten ist künstlerisch sehr beeindruckend. Einige verlassen die klassischen Kategorien, verschmelzen Fotografie mit Collage oder nutzen die neuen digitalen Möglichkeiten für Installationen. Thematisch beschäftigen sich viele Arbeiten mit den gesellschaftlich dominanten Themen. Das waren in den letzten Jahren vor allem der gesellschaftliche Rechtsruck, der Umgang mit Geflüchteten und mit FakeNews. In diesem Jahr sind die Werke deutlich diverser und reichen vom Friedensprozess in Kolumbien über die Erfahrungen eines ehemaligen US-Air-Force-Drohnen-Piloten bis zur Auseinandersetzung mit Geld als Glaubensobjekt.

Sebastian Wells etwa, Gewinner des Fotowettbewerbs, dokumentiert in seiner Fotoserie den »Annual Warrior Competition«, einen einwöchigen Wettbewerb für Spezialeinheiten von Polizei und Militär. Gesponsert von diversen Waffenherstellern stellt er eine Kommerzialisierung des Anti-Terror-Kampfes dar, der die Realität von Kriegen und Töten vergessen lässt.

Beim Collagenwettbewerb holte das Künstler-Duo Various & Gould den ersten Preis. Desse seit 2009 fortlaufende Serie »Rabotniki« besteht aus Siebdruck-Collagen im Geiste von Dada und Surrealismus. Eine Arbeit daraus heißt »Heroes« und zeigt drei Frauen, die sich zusammentun, ein Soldatendenkmal vom Sockel stürzen und so die Verhältnisse ins Wanken bringen.

Fumiko Kikuchi konnte mit ihrem Kurzfilm »Glückauf« den Filmwettbewerb gewinnen. Sie rekonstruiert das Leben ihres Großvaters, der als Gastarbeiter nach Deutschland kam und als Kumpel tätig war. Nach Ablauf des dreijährigen Arbeitsvisums stand er vor der Frage: Bleiben oder zurückkehren? Dieselbe Frage, die seine Enkelin Jahre später auch stellt.

Alle prämierten Fotoserien, Collagen und Filme sind vom 29. September bis zum 31. Oktober 2018 im Foyer des FMP1, Franz-Mehring-Platz 1, 10243 Berlin, zu sehen. Der Eintritt ist frei. Außerdem lassen sie sich auf der Internetseite des Münzenberg-Forums Berlin anschauen. Die Ausstellungseröffnung mit feierlicher Preisverleihung findet am 29. September, um 19 Uhr, im Münzenbergsaal des FMP1 statt. Am 24. Oktober, um 19 Uhr, ebenfalls im Münzenbergsaal, laden wir den Kultursenator Klaus Lederer, die Rapperin Lena Stoerfaktor und die Schauspielerin Anna von Haebler auf die Rote Kulturcouch ein und sprechen mit ihnen über Männerdominanz und Geschlechtergerechtigkeit in der Kunst.

Weitere Informationen unter: münzenbergforum.de

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