»Der Schacht ist ein Teil ihres Lebens«

40 Jahre nach dem Ende des Steinkohlenbergbaus gibt der Zwickauer Knappenchor ein Konzert unter Tage

  • Claudia Drescher, Zwickau
  • Lesedauer: 2 Min.

Eine Chorprobe in Tracht und an historischer Stätte: Mit einem kleinen Konzert hat der Zwickauer Knappenchor an das Ende des Steinkohlenbergbaus in Zwickau erinnert. An diesem Sonnabend vor 40 Jahren beförderten die Kumpel des Martin-Hoop-Schachts IV den letzten Hunt Steinkohle zu Tage. In vollem Berghabit kehrten die rund 30 Sänger kurz vor dem Jubiläum nun an ihre einstige Wirkungsstätte zurück, um im einstigen Förderturm des Schachts eine Kostprobe ihres Könnens zu geben.

Die Idee des Chorauftritts hatte Helmar Sittner. Er ist Projektmanager bei der Lausitzer und Mitteldeutschen Bergbau-Verwaltungsgesellschaft. Der Bergbausanierer ist heute der Eigentümer des Turms. »Das ist ein unwiederbringlicher Zeitzeuge, den wir damit wieder mehr ins Bewusstsein der Menschen rücken wollen«, sagte Sittner der Deutschen Presse-Agentur. Das denkmalgeschützte Gebäude stehe seit langem zum Verkauf, bislang sei keine Nachnutzung in Sicht.

Der Chorauftritt sei als eine Art Probelauf für derartige Veranstaltungen zu verstehen. Man sei dabei zu überlegen, wie man das Gelände im Hinblick auf das Jahr der Industriekultur 2020 wieder an einzelnen Tagen öffentlich zugänglich machen könne. »Das war der letzte Steinkohlenschacht der DDR, damit endete dieses Kapitel in der DDR. Das dürfen wir nicht verfallen lassen«, betonte Sittner, der sich auch privat für die Bergbautradition im Heimatverein Reinsdorf engagiert, einer Nachbargemeinde Zwickaus.

Neben dem Kaiserin-Augusta-Schacht, später in »Karl-Liebknecht-Schacht« umbenannt, in dem heute das Bergbaumuseum Oelsnitz/Erzgebirge untergebracht ist, galt der Zwickauer Martin-Hoop-Schacht als eine der größten und bedeutendsten Anlagen ihrer Art in der gesamten DDR. Erst Mitte September wurde ein zweiter unmittelbar nebenan stehender Förderturm zum Kunstwerk. Ein mehr als 30 Meter hohes Wandbild in Schwarz und Weiß prangt nun weithin sichtbar auf einer der Außenwände.

Für die Sänger des Knappenchors sei es ein ergreifendes Gefühl gewesen, 40 Jahre später in dem Wahrzeichen zu singen. »Der Schacht ist ein Teil ihres Lebens«, so Chorleiter Lutz Eßbach. Dem ein oder anderen ehemaligen Bergmann hätten Tränen in den Augen gestanden. Angesichts der immer älter werdenden Kumpel sei es umso wichtiger, die Bedeutung der Bergbautradition in die nächste Generation weiterzutragen.

Das Zwickauer Revier gehört zu den ältesten Steinkohlenrevieren Deutschlands. Vom 10. Jahrhundert bis zur Einstellung der Förderung am 29. September 1978 wurden rund 230 Millionen Tonnen Steinkohle gefördert. dpa/nd

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