Bayern wählt

Internationale Presse

  • Lesedauer: 3 Min.

Die Presse, Österreich

Instabile Volkswirtschaft

Laptop und Lederhose: In dem Motto deutete sich einst der Spagat der CSU an. Er gelingt nicht mehr in der fragmentierten Gesellschaft des 21. Jahrhunderts. Die Fliehkräfte sind zu stark. Der CSU-Ehrenvorsitzende Edmund Stoiber gab am Umfrageabsturz jüngst auch innerdeutschen Migranten die Schuld, die zwar in Bayern Wohlstand suchten, aber nicht zwingend die CSU mögen, die dieses alte Agrarland zum Hightechstandort mit der niedrigsten Arbeitslosigkeit und Kriminalität formte. Wer sich diebisch über die drohende »Watschn« für die CSU freut, der sollte auch diese Bilanz sehen - und was ein CSU-Debakel für Deutschland bedeuten könnte. Die ohnehin politisch instabil gewordene größte Volkswirtschaft Europas könnte noch heftiger ins Wanken geraten.

Gazeta Wyborcza, Polen

Grüne ohne aggressive Tiraden

Die Umfragen zeigen einen Zusammenhang: Wenn die CSU Stimmen verlor, waren es gerade die Grünen, die dazu gewannen. Die CSU-Politiker, die sich auf ihre Rivalen von der AfD konzentrierten, bemerkten nicht, dass sie einen großstädtischen Konkurrenten haben. Ein weiterer Vorteil der Grünen: Die Partei wird von der 33-jährigen (für die deutschen politischen Verhältnisse sehr jungen) Katharina Schulze geleitet, die im Gegensatz zu Ministerpräsident Söder bei Kundgebungen nicht zu aggressiven Tiraden ausholt, sondern versucht, zu versöhnen und die Emotionen zu beruhigen. Die Gasthäuser in den kleinen Städten, in denen sie (oft im Dirndl) auftritt, sind bis auf den letzten Platz gefüllt. Das beweist, dass die Zeiten längst vorbei sind, in denen die Grünen als verrückte Ökos galten.

La Croix, Frankreich

In der Falle

Die CSU übt vermehrt Kritik an der Kanzlerin, um sich von ihr abzusetzen. Indem sich die CSU von der elementaren Solidarität innerhalb einer Regierung freimacht, bringt sie beständig die Große Koalition ins Wanken. Gleichzeitig erweckt die CSU den Eindruck, extremistische Thesen anzuerkennen. Schlecht kalkuliert: Die Partei treibt damit einen Teil ihrer gemäßigten Wählerschaft zu den Grünen. Durch ihr Nachgeben gegenüber dem Druck der Populisten riskieren die EU-Regierungen fast überall in Europa dasselbe wie die CSU: Sie bauen eine Falle, in der sie sich selbst verfangen könnten.

Mlada Front Dnes, Tschechien

CSU-Alleinregierung unpopulär

Rein rechnerisch wäre es sogar möglich, dass die CSU ihre Regierungsbeteiligung verliert. Dieses Szenario ist nicht unbedingt wahrscheinlich, aber dennoch nicht auszuschließen: Die kleinen Parteien könnten sich zusammenfinden und eine eigene Koalition bilden - ohne die CSU. Und ohne die AfD, mit der niemand koalieren will. Die CSU warnt vor solch einer Entwicklung. In Bayern würde mit einer solchen Regenbogenkoalition gegen die CSU Chaos entstehen, orakelt der Generalsekretär der Partei, Markus Blume. Der bayerische Erfolgsweg wäre akut gefährdet. Umfragen zufolge wollen aber 71 Prozent der Wähler eine Koalition. Eine reine CSU-Regierung würden nur noch 23 Prozent gern sehen. Für Bayern bedeutet diese Aussicht eine Zeitenwende.

Novi List, Kroatien

Folgen für ganz Deutschland

Die aktuellen Umfragen zeigen: die CSU muss mit einem katastrophalen Wahlergebnis rechnen, das die Tür für große politische Veränderungen in ganz Deutschland öffnen wird.

Der Standard, Österreich

Einfach mal schweigen

Es ist ein unwürdiger Abschluss eines Wahlkampfs, in dem die CSU viele Fehler gemacht hat. Vor allem gelang es ihr nicht, sich selbstbewusst zwischen den beiden Antipoden AfD und Grüne zu positionieren. Sie blinkte in die eine, dann in die andere Richtung und wurde zerrieben. Es wird nicht Wochen, sondern Monate, vielleicht sogar Jahre dauern, bis die CSU das Ergebnis der Wahl aufgearbeitet hat. Da sollten es Seehofer und Söder doch schaffen, in den letzten Stunden einfach zu schweigen.

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