Zehntausende protestieren gegen Korruption in Haiti
Staatschef Jovenel Moïse von Menschenmenge bedrängt / Regierungsmitglieder sollen zwei Milliarden US-Dollar aus venezolanischen Entwicklungsfond Petrocaribe abgezweigt haben
Port-au-Prince. In Haiti haben am Mittwoch zehntausende Menschen gegen die grassierende Korruption in dem verarmten Karibikstaat demonstriert. In den Straßen der Hauptstadt Port-au-Prince errichteten die Demonstranten zahlreiche Barrikaden und setzten diese in Brand, wie AFP-Reporter berichteten. In der Nähe des Präsidentenpalastes ging die Polizei mit Tränengas gegen Demonstranten vor, um sie zu vertreiben.
Der unpopuläre Staatschef Jovenel Moïse wurde bei einer Zeremonie am Grab eines der Gründungsväter Haitis von einer Menschenmenge bedrängt. Die Polizei feuerte Warnschüsse ab und bahnte dem Präsidenten den Weg durch die Menge; als die Schüsse fielen, warfen sich zahlreiche Demonstranten auf den Boden.
Die Proteste richten sich gegen Korruption in Haiti und gegen die Untätigkeit der Regierung bei der Ahndung von Unterschlagung und Misswirtschaft. In den vergangenen Jahren soll der Entwicklungsfonds Petrocaribe von Regierungsmitgliedern geplündert worden sein; ein Bericht des haitianischen Senats kam 2016 und 2017 zu dem Ergebnis, dass fast zwei Milliarden Dollar aus dem Fonds unterschlagen wurden. Ein Dutzend Regierungsmitglieder sollen davon profitiert haben, doch wurde nie eine Anklage erhoben.
»Unsere Kinder haben nichts zu essen, wir haben nichts, um ihre Ausbildung zu bezahlen. Und die Politiker verschwenden Milliarden Dollar, die für die Entwicklung unseres Landes bestimmt waren«, sagte der Demonstrant Ronald Saint-Hilaire in der Port-au-Prince.
Petrocaribe war von dem früheren venezolanischen Staatschef Hugo Chávez ins Leben gerufen worden, um die wirtschaftliche Entwicklung in armen Ländern Lateinamerikas zu fördern. Unter anderem ermöglicht der Fonds Zugang zu verbilligtem Öl.
Haiti ist das ärmste Land der westlichen Hemisphäre. Verschärft wurde die Lage durch ein verheerendes Erdbeben im Januar 2010, bei dem etwa 200.000 Menschen ums Leben gekommen waren. Die Bevölkerung leidet unter Massenarbeitslosigkeit und einer hohen Inflationsrate. AFP/nd
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