Kritik an Durchsuchungen bei Greenpeace-Aktivisten

NGO kritisiert Razzien als «völlig unverhältnismäßig» / Grüne: Das scheint eher eine Einschüchterungsaktion gegen Aktivist*innen zu sein«

  • Lesedauer: 2 Min.

Berlin. Mehr als vier Monate nach einer Protestaktion der Umweltorganisation Greenpeace mit gelber Farbe an der Berliner Siegessäule hat die Polizei zahlreiche Wohnungen und Büros durchsucht. In mehreren Bundesländern seien insgesamt 29 Durchsuchungsbeschlüsse vollstreckt worden, teilte die Berliner Staatsanwaltschaft am Mittwoch mit. Es gehe um den Vorwurf des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr.

NGOs und Politiker*innen kritisierten die großangelegte Polizeiaktion als übertrieben. »Fast vier Monate später mit viel Aufwand unsere Büros zu durchsuchen ist völlig unverhältnismäßig«, sagte Greenpeace-Sprecher Christian Bussau. Bei dem Protest an der Siegessäule habe es sich um eine friedliche Aktion zum Start der Kohlekommission gehandelt. »Wir sehen darin den Versuch, Greenpeace einzuschüchtern und bunten, friedlichen Protest zu unterdrücken«, so Bussau weiter. Die NGO kündigte an, mit allen juristischen Mitteln dagegen vorgehen zu wollen.

Der klimapolitische Sprecher der Grünen in Berliner Abgeordnetenhaus, Georg Kössler, rügte die Aktion: »Der Rechtsstaat rückt weiter nach rechts. Das scheint eher eine Einschüchterungsaktion gegen Aktivist*innen zu sein«, schrieb er auf dem Kurznachrichtendienst Twitter. Auch die LINKE kritisierte die Durchsuchungen als »überzogene Kriminalisierung von Klimaschützern«.

Staatsanwaltschaft und Polizei wollten eigenen Angaben zufolge herausfinden, welche Organisator*innen und Helfer*innen von Greenpeace die Protestaktion planten und durchführten. Dazu sollen beschlagnahmte Computer, Telefone und Festplatten ausgewertet werden. Bislang seien 19 Verdächtige bekannt. Weitere Beteiligte seien bislang noch nicht identifiziert. Durchsuchungen gab es unter anderem in Berlin und in Hamburg, andere Bundesländer waren zunächst nicht bekannt.

Der Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft, Martin Steltner, wies Kritik am Morgen zurück. »Es geht allein darum, die Verantwortlichen an dieser Aktion, die möglicherweise die Grenze zur Strafbarkeit überschritten hat, namhaft zu machen.« Seinen Angaben zufolge hätten Beteiligte freiwillig ihre Computer herausgeben können, um Durchsuchungen abzuwenden.

Die Greenpeace-Unterstützer hatten am 26. Juni im morgendlichen Berufsverkehr 3500 Liter gelbe Farbe auf dem mehrspurigen Kreisverkehr um die Siegessäule in Berlin verteilt. Von oben sollte so das Bild einer Sonne entstehen - als »strahlendes Symbol für die Energiewende«. Anlass der Aktion war das erste Treffen der Kohlekommission der Bundesregierung.

Laut Polizei wurde die Straße rutschig. Es sei zu zwei Unfällen mit großen Sachschaden gekommen, Motorradfahrer und eine Radfahrerin seien gestürzt. Mehrere betroffene Verkehrsteilnehmer erstatteten Anzeige.

Die Berliner Stadtreinigung (BSR) verlangte rund 14.000 Euro für die Reinigung der Straßen von Greenpeace. Vier Spülwagen und acht Kehrmaschinen beseitigten stundenlang die Farbe. Agenturen/nd

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