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  • Berlin
  • Breitscheidplatz in Berlin

Hochsicherheitsweihnachtsmarkt

Am Breitscheidplatz wird der Glühwein dieses Jahr hinter Klötzen und Pollern ausgeschenkt

  • Marion Bergermann und Florian Rippert
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Marktstände sind noch nicht fertig eingerichtet, viel Weihnachtliches ist nicht zu sehen. Aber schon aus ein paar Hundert Metern Entfernung fallen die rot-weißen Poller auf, die schützen sollen.

Zwei Jahre nach dem terroristischen Anschlag auf den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz, der zwölf Menschenleben forderte und bei dem über 70 Personen verletzt wurden, sind die Sicherheitsvorkehrungen um die Veranstaltung enorm. Mehrere Linien von Absperrungen ziehen sich auf der Budapester Straße um den Markt, dort, wo am 19. Dezember 2016 Anis Amri mit dem Lkw auf das Gelände fuhr. Hellgraue Betonsockel trennen die beiden Fahrspuren, quadratische Gitterboxen mit Sandsäcken säumen die Holzhütten. Dann erst kommt eine lange Reihe Tannenbäume. Die Eingänge sind mit rot-weißen Pollern versehen, man läuft über die kleine Rampe, auf der sie montiert sind, um in das baldige Getümmel zu gelangen.

Patrick, ein junger Mann, baut gerade einen Duftkerzenstand auf. »Ich finde das hier übertrieben, wenn jemand was vorhat, dann kann man das auch anderweitig machen.« Zumindest komme man mit dem Lkw nicht mehr rein, meint er.

Hinter ihm am Kurfürstendamm sieht man den hellen Sand in den Säcken. Hier haben die Bauarbeiter noch nicht die schwarze Verkleidung und das Gitter über die Säcke gestülpt. Ein befüllter Gitterklotz wiegt zwei Tonnen, auf der Seite der Budapester Straße stehen 92 Quadrate und auf der Seite des Kurfürstendamms 68, erzählt einer der Bauarbeiter, die die Absperrungen aufstellen. Seit Montag montieren sie hier, innerhalb von fünf Tagen müssen sie fertig sein. Das könne schwierig werden, die Arbeit sei hart, sagt er.

Auf der anderen Seite der Gedächtniskirche richtet Melanie gerade mit einem Kollegen einen Glühwein- und Bratwurst-Stand ein. Sie hat bereits letztes und vorletztes Jahr hier gearbeitet. »Wohin sollen die Leute jetzt abhauen?«, fragt sie. Letztes Jahr habe es alle fünf Meter eine Lücke gegeben, damit Menschen zur Not wegkommen. »Wir als Mitarbeiter fühlen uns nicht sicherer«, sagt sie.

Flucht- und Rettungswege wurden beim Sicherheitskonzept »selbstverständlich ausreichend berücksichtigt«, antwortete die Senatsverwaltung für Inneres auf die Frage nach Fluchtwegen.

2,5 Millionen Euro kosten die Sicherheitsquadrate und Barrieren sowie deren Auf- und Abbau das Land. Für andere Veranstaltungen sollen die Poller und Betonsockel wiederverwendet werden. Hakan Taş, Innenexperte der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus, hält die verstärkten Absperrungen für wichtig. Er weist darauf hin, dass es »nicht nur optische Sicherheitsmaßnahmen, sondern auch genug Sicherheitspersonal vom Veranstalter in Zusammenarbeit mit der Polizei geben muss«. Gleichzeitig ist Sicherheit eine Kostenfrage. Wenn traditionelle Weihnachtsmärkte sich wegen der Sicherheitsmaßnahmen nicht mehr finanziell tragen würden, so Taş, »müssen auch das Land und die Bezirke finanzielle Möglichkeiten schaffen, um diese wichtigen traditionellen Veranstaltungen zu unterstützen«.

Am kommenden Montag, den 26. November eröffnet der Weihnachtsmarkt. Die Gitterboxen sollen noch mit Bannern verschönert werden, erklärte der Veranstalter, der Schaustellerverband Berlin.

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