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Stadtrundfahrt mit Krimitipps

Mit Horst Bosetz-ky durch Berlins Kriminalgeschichte

  • Jan Eik
  • Lesedauer: 3 Min.

Horst Bosetz-ky hat für seine Kriminalromane oft sehr treffende Titel gefunden. Einer wird in der Traueranzeige seiner Familie für ihn zitiert: »›Von Beileidsbesuchen bitten wir abzusehen‹ (Juli 1972)«. Kurz vor seinem Tod erschien im Jaron-Verlag der letzte aus seinem Computer stammende Kappe-Roman »Rotlicht«, den er gemeinsam mit Uwe Schimunek verfasst hatte. Seine überbordende Produktion ist damit beendet, Eingeweihte aber erwarten noch einiges aus dem Nachlass.

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Horst Bosetzky: Abgerechnet wird zum Schluss u. Selbst ist der Mörder
Kriminalromane. Gmeiner Verlag, 248 S., br., 12 € u. 284 S., br., 13 €.

Neben biografischen Romanen zum Beispiel um Kempinski und Borsig (ebenfalls bei Jaron) veröffentlichte Bosetzky in den letzten Jahren fast ein Dutzend Krimis im Gmeiner-Verlag. Die letzten beiden heißen beinahe programmatisch »Abgerechnet wird zum Schluss« und »Selbst ist der Mörder«. Beide stellen quasi den Abgesang für -kys unsterblichen Ersten Kriminalhauptkommissar Hansjürgen Mannhardt dar. Der ist zwar längst außer Dienst, vermag den Ruhestand jedoch nicht ohne kriminologische Aktivitäten zu genießen. Anders als der 2000 emeritierte und seitdem »nur noch« schreibende Prof. Bosetzky unterhält sein Alter Ego die Studierenden der Berliner Fachhochschule für Verwaltung und Recht weiter mit seinen Vorlesungen zur Kriminalgeschichte, sofern er nicht zusammen mit Enkel Orlando seinem Nachfolger Gunnar Schneeganß bei der nur schleppend vorangehenden Aufklärung des Mordfalls Simon Kesseling hilft. Während in »Abgerechnet wird zum Schluss« Mannhardt selbst in die Schusslinie gerät, ist in »Selbst ist der Mörder« plötzlich und unerwartet der dubiose Gründer und Vorsitzende der aufstrebenden Partei »Glückliches Deutschland« erschossen worden. Der deutlich in West-Berlin sozialisierte Schneeganß (Selbsteinschätzung: einmal West-Berliner - immer West-Berliner) stochert vorerst im Dunkeln und vertreibt sich gemeinsam mit seiner lesbischen Ost-Kollegin Jessica Schlamp die Zeit beim Darts. Da treffen die Pfeile öfter ins Schwarze als bei ihren Ermittlungen, die quer durch Berlin führen, was den beiden und der geneigten Leserschaft dank Jessicas allwissendem Smartphone zu mancherlei biografischen und stadthistorischen Erkenntnissen verhilft. Zudem führt die verdächtige Nachbarin und Zeugin Tessa Wisotzki Touristen durch Friedenau und an Orte der Kesseling-Biografie, und Orlando überredet den Opa, eine Bustour zu Schauplätzen der Berliner Kriminalgeschichte zu veranstalten. So spart der aufmerksame Leser 25 Euro Teilnahmegebühr, erfährt die wichtigsten Darts-Regeln, genießt ein kostenloses -ky-Seminar zum Verfassen von Kriminalromanen und macht Bekanntschaft mit einer Reihe mitunter absonderlicher Leute mit eigenwilligen Namen und Lebensläufen. Ach ja, wie es sich gehört, werden am Ende natürlich alle Morde aufgeklärt.

Ganz ernst zu nehmen ist das alles, in typischer -ky-Manier erzählt, wohl nicht, was offensichtlich in der Absicht des Autors lag. Nicht von ungefähr zitiert Mannhardts Lebensgefährtin Heike Hunholz den passenden Spruch des Tages: Der Humor stirbt zuletzt.

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